dance, music, body wisdom from egypt
Steckborn, Switzerland
Juli 2023
(kü) Unter dem Titel „Duat – der geheime Raum – über Tanz, Tod und Jenseits“ startete am Dienstagabend eine tänzerische und musikalische Kreuzfahrt im Steckborner Phönix Theater. „Hallo – guten Abend. Wir öffnen die Türen ins Theater und in die Unterwelt. Es ist eine Premiere. Wir sind mächtig aufgeregt“, sagte eine Stimme auf der Bühne, die mit einem weissen, gewundenen Band ausgestaltet war, im Hintergrund eine grosse Projektionsfläche, eine Leiter und ein Wasserbecken. Sonst war alles schwarz. Der Zuschauerraum war voll besetzt.
Eingestimmt auf das internationale Performanceprojekt von Claudia Heinle, Choreografin, Tänzerin und Expertin für Tanz und Ritual im alten Ägypten; Caroline Chevat, einer Künstlerin, die tanzt und trommelt, sowie Trommler Amir Ezzat und Flötenspieler Mourad Adli, beide begnadete Musiker aus Ägypten, wurde das Publikum durch Sätze der vier Künstler in verschiedenen Sprachen.
Ja, sie würden versorgt, fünfmal am Tag und dreimal in der Nacht. Und dann sei da die neue App, „Google Maps, Underworld“, sowie Facebook und schon wurde erklärt, was es mit den ägyptischen Göttern von Isis über Anubis, Hathor bis zum Sonnengott Ra so auf sich hat. Tanzen, Trommeln, dem Herz folgen. Tänzerisch und musikalisch wurde das Publikum in dieses von Göttern wimmelnde Milieu hineingenommen.
Da wurde das Publikum über das Werden und Vergehen, in das Abenteuer des Philosophierens tanzend und mit Rhythmen hineingezogen. Mit dem eigenen Reiz der Töne und Gesten sowie lichtvollen Stützpunkten bis zu Kampfszenen, ohne Pause, bescherten die Künstler eine volle Stunde fast atemloses Mitgehen für die Besucher. Das Aufsteigen über die Leiter aus der Unterwelt in die Götterwelt und das Zurücksteigen in die Position von Entstehen und Vergehen und dieses Mal nicht ins Nichts, sondern erneut im Wechsel von Tanz und Musik. Speziell das virtuose Flötenspiel war neben den getrommelten Tönen – einmal wie eine Klapperschlange – jenem getanzten Mythos ähnlich, der in „Duat“ irgendwie als Weltall der Seele mitmischt.
Und welche Bilanz zieht am Schluss Jean Grädel, Phönix-Zugpferd und Regisseur? Er antwortete: „Für mich war es ein berührender Einblick in eine Tanzkultur, die ich nicht kenne. Einige Elemente erinnerten mich an Qi-Gong. Besonders war die wunderbare Spannung in der Aufführung“.
Steckborn, Switzerland
April 2023
(tb) Rund 30 musik- und tanzbegeisterte Zuschauerinnen und Zuschauer fanden sich am Karsamstag in der Klosterkirche St. Katharinental in Diessenhofen ein, um eine Tanz- und Musikperformance mit Installation zu erleben. Die Perkussionistin Caroline Chevat, die Tänzerin und Choreografin Claudia Heinle sowie der Flötist Martin Stadler haben zusammen das westöstliche Tanz- und Musikprojekt «Passion» entwickelt. Das Publikum war hingerissen von der Anmut der Tanz- und Musikdarbietungen.
Mit paukenähnlichen Schlägen aus dem Nichts beginnt die Veranstaltung wie als Signal, dass sich das Publikum fokussieren soll. Die Daff – eine Art grosses Tambourin – wird mit der Hand geschlagen und dann um die Körperachse gedreht. So wandert der Klang durch den Raum und nimmt das Publikum mit in eine andere Sphäre. Die Spielerin stellt die Pauke dann wie eine «Riesenoblate» auf den Altar. Sodann setzt die Tanz darbietung ein, untermalt von eingängigen Flötenmelodien. Der Flötist spielt bekannte Weisen von Vivaldi und Bach. In der Kirche umherwandernd sorgt er für eine meditative Stimmung. Ganz in Weiss gekleidet zeigt Claudia Heinle einen ausdrucksstarken Tanz vor dem Altar, wobei ihre langsamen Bewegungen oft mit dem schnellen Flötenspiel kontrastieren. Plötzlich stoppt alles Strömende und es wird ruhig und still. Dieser Wechsel von Ruhe und Bewegung, Spannung und Aufgelöstsein zieht sich durch die ganze Performance. Vor der Erstarrung bis zur Ekstase – die ganze Bandbreite an Bewegungen und Gefühlen wird von den Darstellerinnen durch dekliniert. Diese Virtuosität zeigt sich besonders augenfällig beim Tanz Heinles an einem weissen Stoffband, das sie vorher quer durch die Kirche gespannt hatte. Mit ihren Bewegungen symbolisiert sie das Hinund Hergerissensein der Existenz zwischen den Polen, Geburt und Tod, Diesseits und Jenseits. Mit ihren Sinnen sollen die Zuschauerinnen in jenen mystischen Bereich gelangen, in welchem die Unterschiede schliesslich aufgehoben werden. Die mittelalterlichen Scholastiker sprachen von der «unio mystica», der mystischen Vereinigung.
Die Choreografin Claudia Heinle hat sich intensiv mit Tänzen und Ritualen des Orients auseinandergesetzt. Sie will mit ihrem Tanz die Grenzen zwischen Leben und Tod, Spiritualität und Wissenschaft, Ost und West durchbrechen. Für sie spielen die weiblichen Gottheiten Hathor und Maat eine entscheidende Rolle. Während Hathor als allumfassende Muttergottheit verehrt wurde und für den Zyklus Geburt und Leben, Werden und Vergehen und damit für den steten Wandel steht, verkörpert Maat das Prinzip für Gerechtigkeit, Weltordnung, Wahrheit, Staatsführung und Recht. Die Spannung zwischen diesen beiden Polen tänzerisch und musikalisch auszudrücken gelang den Künstlerinnen in einzigartiger Weise.
Ostern ist das Fest Christi Auferstehung von den Toten. Aus dem alten Ägypten kennen wir die Sage von Isis und Osiris. Auch hier gibt es die Auferstehung Osiris’ aus dem Totenreich. Ursprünglich Gottkönig von Ägypten, wurde Osiris von seinem Bruder Seth getötet und zerstückelt. Seine Schwester und Gattin Isis jedoch sammelte die über das ganze Land verstreuten Stücke des Leichnams ein und fügte sie wieder zusammen.
Wenn auch eine strenge Kälte – wegen der Kunstwerke wird die Kirche über die Wintermonate nicht geheizt – mit Fortdauer der Darbietungen immer deutlicher spürbar wurde und unaufhaltsam die Beine hochkroch, bedankten sich die Zuhörerinnen bei den Künstlerinnen mit warmem Applaus und Bravo-Rufen.
Thomas Brack
Stuttgart, Germany
January 2023
Ihr Großonkel baute mit dem Stuttgarter Fernsehturm ein schwäbisches Wahrzeichen. Claudia Heinle widmet sich einer anderen Hochkultur. Sie ist Meisterin des ägyptischen Tanzes.
Einmal durfte sie Gast sein bei einem Beerdigungsritual. Einer ihrer Musiker hatte ihr die Tür zu dem Privathaus in Luxor geöffnet, wo sich der verborgene Kult abspielte. Ein Dutzend Männer tanzten ihre hypnotischen Tänze. Irgendwann stand sie auf, reihte sich ein und machte einfach mit. Das hätte der größte Fehltritt ihres Lebens sein können. Aber sie ließ es darauf ankommen. Die Sufis waren plötzlich hellwach, guckten mit großen Augen und brauchten ein paar Momente, um zu erfassen: Dieser Körper vermochte auf die gleiche Art und Weise zu tanzen, wie sie selbst tanzen. Dann war alles wieder normal und sie Teil der Gruppe. „Eine ägyptische Frau hätte sich das nie erlaubt.“
Claudia Heinle, Jahrgang 1966, stammt aus einer urschwäbischen Ingenieursfamilie. Sie kann Schwäbisch schwätza und Spätzla schaba, wie sie betont. Sie ist in Ludwigsburg aufgewachsen, lebt heute am Bodensee – und tanzt sich so tief in die ägyptische Kultur, wie es nicht mal Einheimische tun. Ihr Großonkel, der Architekt Erwin Heinle, baute mit Fritz Leonhardt und Horst Linde den Stuttgarter Fernsehturm und den Landtag. Ihr Großvater hatte ein Hochtiefbau-Unternehmen in Feuerbach. Ihr Vater war ebenfalls Bauingenieur. Architektin stand auch mal auf ihrer Jugendtraumliste. Aber dann schlug sie irgendwie auf wundersame Weise aus der Art.
Claudia Heinle ist Eingeweihte des ägyptischen Tanzes, wie er seit Tausenden Jahren weitergegeben wird. Sie lernte bei der Murad- Metqali-Familie in Luxor, bei El Fuad in Kairo, bei Abdel Alim in El-Minya. Jede dieser Familien verkörpert eine eigene, durch unzählbare Generationen gewachsene Tanzlinie. Sie trat schon im Garage Theater und in der großen Bibliotheka von Alexandria auf, im Opernhaus von Kuwait City, am Institut du Monde Arabe in Paris, im Zentrum für African Culture in Oslo. Sie leitete Workshops in Stockholm, Bologna, Ljubljana, Paris, Basel. Sie gibt Unterricht. Sie hat eine Tanzkompanie in Kreuzlingen – und ein Plattenlabel: „Wir haben im Lauf der Zeit viele bedeutende Musiker aufgenommen, die heute nicht mehr leben. Ein unschätzbares Archiv.
Warum sucht jemand die Nähe zu einer von Haus aus so fremdartigen Kultur? „Als Jugendliche hätte ich nie gesagt, dass Tanz meine große Leidenschaft ist“, sagt Claudia Heinle. Nach dem Abitur will sie Krankengymnastin werden. Mit ihrem Notenschnitt schafft sie es nur auf die Wartelisten der Schulen. Studiert sie halt Politik- und Verwaltungswissenschaft in Konstanz. Berufsziel: vage. Vielleicht etwas im Gesundheitswesen. Bei einem Israel-Aufenthalt kommt sie zum ersten Mal in Berührung mit orientalischem Tanz. „Irgendwas hat mich damals schon angesprochen. Aber irgendwie war das verkitschtes Zeug und auch sexistisch.“In einem Auslandssemester befasst sich die damals 25-Jährige mit der Altenpolitik der Dänen. Sie besucht ein Musikfestival. Eine ägyptische Tanzgruppe betritt die Bühne. Das ist kein Tausendundeine-Nacht-Klischee. „Das war ein stolzer Tanz, mit viel Weiblichkeit und auch viel Männlichkeit“, sagt Claudia Heinle. „Mein Herz hat angefangen zu klopfen. Ich war richtig gefangen davon.“ Die Welt des Unbekannten bereitet dem menschlichen Geist manchmal feine Überraschungen.
Sie besucht Workshops und Sommertanzwochen der Kompanie in England. Hier kann sie an der Quelle tanzen und lernen. „Ich war nie gut in der Schule, hatte auch sonst oft irgendwelche Schwierigkeiten. Aber hier hatte ich zum ersten Mal etwas gefunden, was mir wirklich leichtgefallen ist. Und ich wusste gleich, dass ich es nie wieder bleiben lasse.“ Wohin es auch führen mag.
Ihre Diplomarbeit schreibt sie noch fertig, zugleich ist ihr aber schon klar, dass sie dieses Studium künftig nichts mehr angeht. Stattdessen lädt sie Musiker und Tänzer an den Bodensee ein, wird Managerin der Kompanie und tourt mit ihr quer durch Europa. „Ich habe nicht von Anfang an angestrebt, Tänzerin zu werden. Es ist so geworden.“
Eine Gesellschaft findet sich nicht allein in der Sprache, der Handwerkskunst, Poesie, Malerei oder Architektur. Da ist auch der Tanz. Und den kann man nicht festhalten in Partituren oder technischen Zeichnungen. Das sieht sie als Mission: „Dieser Ursprache wieder zum Leben verhelfen. Wie ein Archäologe, der etwas gefunden hat“, sagt Claudia Heinle. „Es dauerte sicher zehn Jahre, bis man sagen durfte: Das ist jetzt ein Niveau, das man Meisterschaft nennen kann.“
Den Eltern fällt es schwer, wenn sie Freunden oder Nachbarn erklären sollen, was ihre Tochter denn jetzt so beruflich macht. Nach ein paar Sätzen folgt meistens die Feststellung: „Ach so, sie macht Bauchtanz.“ Ihr Vater verschafft sich ein eigenes Bild und schaut sich einen Auftritt an. Ihn fasziniert Ibrahim, der Trommler. Wie kann man so etwas mit seinen Händen vollbringen? „Über Ibrahims Kunst hat er verstanden, was ich tue“, sagt Claudia Heinle. Bei der Mutter dauert es länger. „Aber heute ist sie auch froh für mich.“
Als Jugendliche, erzählt Claudia Heinle, war sie oft nervös und nicht bei sich. „Ich wurde schnell rausgeworfen von dem, was von außen auf mich eingeströmt ist.“ Im Tanz findet sie ein Mittel. „Danach ist man ein Mehr von sich selbst, nicht nur ein kleiner Teil, der kämpft“, sagt sie. „Für mich ist es der Tanz, der mich ganz macht. Für andere vielleicht die Literatur. Oder für Informatiker die Klarheit der Programmiersprache.“ Der völlige Einklang. Etwas, wo man spielen kann.
In einer Performance betritt sie gehend die Bühne. Aber wie sie geht, ist schon Tanz. Schon alles drin. Gewandt, geschmeidig, nicht großartig auf erotische Wirkung aus. Und fast gewinnt das Ganze noch, wenn man die monotonen Flöten und Trommeln ausblendet und das Video auf stumm schaltet.
„Man studiert keine festen Abläufe ein, wie wir es von Volkstänzen gewohnt sind. Man lernt, die Musik zu verstehen“, sagt Claudia Heinle. Ballett will leicht sein, weg von der Erde auf die Spitze. „Beim ägyptischen Tanz ist das Fliegen genauso wichtig wie die Erdschwere.“
Seit einigen Jahren spürt sie den Sufis mit ihren Trance-Tänzen nach. Dem Zar-Ritual, das Frauen der ärmeren Schichten heute noch im Untergrund praktizieren – zur Behandlung von Kopfweh bis zur Gemütskrise. Eigentlich ein reines Frauenritual, manchmal schließen sich Männer an, die sich davon angezogen fühlen. Dann wird stundenlang Musik gemacht, geraucht, gegessen, getrunken. „Die Frauen tanzen wild bis zum Umfallen. Dabei befreien sie sich auch von Dingen, die sie unterdrücken. Es ist ein Ventil.“ Claudia Heinle schaut sich das an. Wie ein Lotse auf See, dem der oberflächliche Wellengang auch die Untiefen des Meeres verrät. Manchmal darf sie filmen. Daraus schöpft sie. „Wenn wir dann unsere Bühnenwerke produzieren, sind wir ganz frei. Wir befreien den Tanz von Konventionen. Wir machen Stockkampf-Tänze, die sonst Männern vorbehalten sind. Wir tun, was uns gefällt.“
Claudia Heinle liebt Ägypten, „aber es gibt viele Dinge, die du hassen kannst“. Das schlechte Bildungssystem. Den Willkürstaat: „Wer an Demonstrationen teil- nimmt, kann einfach ohne Rechtsbeistand auf unbestimmte Zeit eingesperrt werden – und die Zustände in den Gefängnissen sind schlimm. “Die Nilkanäle abseits der herausgeputzten Touristengebiete: meterhoch voll Plastikmüll. Soziale Ungleichheit: Die Mittelschicht verarmt zusehends. Die Unterdrückung der Frauen: Gleichberechtigung existiert nicht. „Aber am Ende machen Ägypten die Menschen aus, die du triffst. Wenn du die Türen aufmachst, bist du immer überrascht. Da ist die Militärdiktatur weit weg.“
Auch das ist widersprüchlich: Gerade für jene Frauen, die am engsten an die Traditionen gebunden sind und die Tänze noch beherrschen, gehört es sich nicht, außerhalb des Hauses oder überhaupt zu tanzen. Im Altertum war der Tanz heilig, heute ist er Sünde. Aber doch so stark, dass die traditionellen Tanzrituale im Geheimen weiter praktiziert werden – „von den Armen, die nur eine minimale bis keine Schulbildung haben, die in den gesellschaftlichen Zwängen gefangen sind, aber das alte Wissen in sich tragen“, sagt Claudia Heinle. „Mit ihnen bin ich am liebsten zusammen, sie sind meine Lehrerinnen.
Mehr als 30 Jahre macht sie das jetzt schon. Reich ist sie nicht geworden. Manchmal wird es etwas kritisch, wenn eine Zahnarztrechnung kommt, aber auch dann gibt es immer eine Lösung, sagt sie.
Gerade war sie wieder in Alexandria. Im Kulturzentrum der Jesuiten, wo auch schon ägyptische Punkbands spielten, leitete sie ein Performance-Projekt mit einheimischen und europäischen Musikern und Tänzern. Das Publikum: eine kulturinteressierte Mittelschicht, die eigentlich in den Clubs mit ihren westlich ausgerichteten Klängen zu Hause ist. „Den Tanz, der aus den alten Ritualen wächst, gibt es im heutigen Ägypten so gut wie nicht mehr. Wir füllen dieses Vakuum“, sagt Claudia Heinle. „Als europäische Frau kann ich ganz andere Dinge machen als die Ägypterinnen selbst.“ Manchmal fragt sie sich: „Was machst du eigentlich? Welche Relevanz hat das überhaupt?“ – „Aber wenn ich dann in Ägypten vor Ägyptern auftrete und sehe, dass ich sie wirklich erreiche: Das ist schon was.“
Robin Szuttor
Alexandria, Egypt
January 2023
Wir haben das Projekt SALAM am Aufführungsabend kennengelernt und danach die beiden Projektleiterinnen Claudia Heinle und Caroline Chevat in einem mehrstündigen persönlichen Gespräch kennenlernen dürfen.
Als Institutsleiterin des Goethe Instituts in Alexandria wollte ich aus meiner Begeisterung für dieses Projekt eine Rückmeldung geben. Es ist meinem Eindruck nach ganz außerordentlich und tiefgreifend und hat sehr viele Menschen berührt. Ich denke, dass diese Arbeit für alle Beteiligten auf verschiedenen Ebenen, jenen des Tanzes, des Ausdrucks, der Kunst, der Psychologie und der Kommunikation eine große Erfahrung war. Man konnte das im Raum spüren und greifen. Die Konzentration war enorm hoch und die Bereitschaft sich zu zeigen etwas ganz Besonderes.
Wir wissen, wie schwierig, beinahe unmöglich es ist, hier in Ägypten eine Gruppe von Menschen im Tanz und in der Bewegung für eine längere Zeit zusammenzuführen und zusammen arbeiten zu lassen. Es muss für alle Beteiligten von großer Bedeutung gewesen sein, dass dies hier gelungen ist. Es war ein wunderbares interkulturelles Projekt, das ein ganz neuen Raum des Austauschs für alle Beteiligten schuf und mit seiner großen Schönheit überzeugte.
Sabine Erlenwein
Director Goethe Institut
Schaffhausen, Switzerland
April 2022
Der Ausdruckstänzerin Claudia Heinle verdankt man zurzeit vier Aufführungen in der Barockkirche St. Katharinental unter dem Titel «Passion». Das aussergewöhnliche Gesamtkunstwerk der Tanz- und Musikperformance, einem Projekt zur west-östlichen Verschmelzung von Raum und Zeit, Musik und Tanz mit christlichen, altägyptischen und islamischen Ritualen und Traditionen war am Mittwoch von faszinierender Intensität.
Claudia Heinles Berufskollegin Caroline Chevat lotete den Raum mit archaischen Klängen auf dem Daff, ihrer rituellen orientalischen Rahmentrommel aus, und der international renommierte Barockmusiker Martin Stadler, Blockflötist und Oboist, legte mit seinem virtuosen Flötenspiel einen Boden mit abendländisch barocker und orientalisch angehauchter Musik sowie experimentellen Klängen der Moderne. Seine eigenen Transkriptionen einer Passacaglia von Heinrich Ignaz Franz Biber und der berühmten Violin-Chaconne von Johann Sebastian Bach, dazu eine Trauermusik von Antonio Vivaldi, nahmen den Stil der hochbarocken Kirche auf, deren ideale Akustik der sanften «Flauto dolce» zu beinahe orchestralem Klang verhalf. Schwerelos und mystisch kam die meditative Stimmung des Raums durch die sich wiederholenden, kunstvoll umspielten «Bass«-Linien zum Ausdruck. Während eines Jahres hatten die drei Künstler gemeinsam an dem ungewöhnlichen Projekt gearbeitet. Claudia Heinle ist Expertin für Tanz und Rituale in Ägypten, Caroline Chevat erforscht ägyptisch-arabische Rhythmen, und Martin Stadler ist vertraut mit der mitteleuropäischen Alten Musik. Für ihre Symbole, Gesten und Darstellungen sammelte Claudia Heinle Anregungen von Statuen, Fresken, Gemälden, Reliefs und Papyri aus der Überlieferung vergangener Jahrtausende. Der 5000 Jahre alte Osiris-Mythos und die Passionsgeschichte Christi zeigen viele Parallelen. Beide beschreiben das menschliche Leiden und die Überwindung des Todes mit der Hoffnung auf Auferstehung in einem neuen (ewigen) Leben. Religionen unterscheiden sich durch ihre kulturelle äussere «Verpackung», doch ihre archetypischen Geschichten sind von zeitloser, absoluter Gültigkeit.
Claudia Heinle schickte die Fantasie des Betrachters auf eine Reise mit Assoziationen. Die beiden Frauen erschienen barfuss in einem langen, weissen Gewand – Hohepriesterin, Braut, Nonne, Opferlamm oder verschleierte Trauernde? Die ruhig fliessenden Bewegungen und aussagekräftigen Gesten von Claudia Heinle suggerierten unmittelbar verständliche Eindrücke. Zufällig zeichnete sich beinahe visionär neben dem Hochaltar ein heller Sonnenfleck an der Wand ab, vor der sich in acht Einzelszenen Leiden, Anrufung, Gebet, Geisselung und Tod, Grablegung, trauernde Frauen, der Abstieg in die Unterwelt und die Auferweckung bis zum Meditationstanz mit ekstatischer Trance abspielten. Claudia Heinle spannte bei ihrer Darbietung eine lange Stoffbahn zwischen den Kirchenbänken – ein Leichentuch oder die Leitplanken des menschlichen Daseins, der Lebensfaden, den es nur mit Überwindung loszulassen gilt? Das Durchbrechen irdischer Schranken führte letztlich zu innerem Frieden, Hoffnung und befreiender Freude.
Die Darbietungen gipfelten im rituellen Drehtanz der islamischen Sufis als spirituelle Verschmelzung mit Gott und dem Universum. Mit effektvoller Trommelbegleitung verfärbte sich die Bach-Chaconne der Blockflöte vom dunklen Mollklang zum hellen Dur, auf dem vergeistigten Gesicht der Tänzerin erschien erstmals ein feines Lächeln.
Die spannende Performance war von einmaliger Aussagekraft. Heute Samstag findet sich noch zweimal die Gelegenheit, dies im St. Katharinental mitzuerleben. Die Aufführung, die auch von der Denkmalpflege des Kantons Thurgau unterstützt wurde, war zuvor anfangs Woche auch im Konstanzer Münster zu sehen. Sie hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck und verleiht der Passions- und Ostergeschichte neue Impulse, Spiel- und Denkweisen.
Gisela Zweifel-Fehlmann
St. Gallen, Switzerland
April 2022
Eine Thurgauer Expertin für altägyptischen Tanz interpretiert die Passionsgeschichte neu. Die Kreuzlinger Tänzerin Claudia Heinle hat zusammen mit Flötist Martin Stadler und Perkussionistin Caroline Chevat eine Musik- und Tanzperformance für sakrale Räume entwickelt.
Eine zufällige Begegnung im ersten Lockdown hat die Tänzerin Claudia Heinle und den Flötisten Martin Stadler zusammengeführt. Da Stadler nicht länger Konzertsäle mit Bach oder Vivaldi füllen konnte, stellte er sich auf den Konstanzer Münsterplatz und gab Freiluftkonzerte. Dort hörte ihn Heinle, die ihrerseits weder aufführen noch unterrichten durfte. Die beiden beschlossen in der Wartezeit gemeinsam mit der Perkussionistin Caroline Chevat, ein Projekt auf die Beine zu stellen. Chevat schlägt die Daff, eine orientalische Rahmentrommel, zu der Heinle tanzt. Ägyptischer Tanz und barocke Flötenmusik scheinen auf den ersten Blick nicht viele Schnittmengen zu haben – doch je länger die drei zusammenarbeiteten, desto mehr Anknüpfungspunkte fanden sie.
Entstanden ist die Performance «Passion», die nun kurz vor Ostern in der Dreifaltigkeitskirche Konstanz sowie in der Klosterkirche St.Katharinental bei Diessenhofen gezeigt wird. «Sie ist von zwei Überlieferungen inspiriert, in denen es um den Tod und seine Überwindung geht: Die biblische erzählt von Jesus und die altägyptische von Osiris», sagt Claudia Heinle. Dem Mythos nach wird Osiris von seinem Bruder Seth getötet, aber von seiner Frau und Schwester Isis wieder zum Leben erweckt.
In der einstündigen Aufführung erzählen Heinle, Stadler und Chevat in sieben Szenen die christliche Passionsgeschichte. Heinle stellt mit den traditionellen Mitteln des ägyptischen Tanzes das Leid Jesu dar. «Wir haben Geschichten vereint, die die Propaganda getrennt hatte. Sie stammen aus verschiedenen Epochen und vermitteln doch die gleiche Idee.» Gleichzeitig trifft westliche auf östliche Musik. Zu den Rhythmen der Trommel erklingen unter anderem Bachs Ciaccona aus der Partita Nr. 2 d-Moll für Violine, die Martin Stadler für seine Flöte transponiert hat.
«Anfangs hatten wir Respekt vor dem Projekt», sagt die Choreografin. «Aber inzwischen wissen wir: Das künstlerische Ergebnis funktioniert.» Man könne die Performance wie einen christlichen Gottesdienst wahrnehmen, man könne sie feministisch lesen oder revolutionär. Ein Gläubiger geniesse sie anders als ein Atheist, beide aber würden zum Nachdenken angeregt. «Wir sind dezent subversiv», meint Heinle schelmisch.
Das aufwendige Experiment wird vom Thurgauer Kulturamt als Transformationsprojekt gefördert. Der Kanton will damit Kulturschaffende unterstützen, ihre Zuschauer nach der pandemiebedingten Pause wiederzugewinnen. Um ein breites Publikum auf die «Passion» aufmerksam zu machen, hat Claudia Heinle auf dem Kreuzweg im Wald oberhalb von Münsterlingen ein Video gedreht. Es kann nun den Auftakt für einen Vortrag oder Workshop zum Thema Leid und Tod bilden. «Angesichts der Situation in der Ukraine hat das Thema an Relevanz gewonnen. In der westlichen Welt haben wir den Gedanken an den Tod ja sonst weitgehend aus unserem Alltag verbannt.» Für die Thurgauer Aufführung suchte die Gruppe lange nach einer passenden Kirche. Die Uraufführung fand im Sommer 2021 in der barocken Dreifaltigkeitskirche in Konstanz statt. Ein vergleichbar grosser Raum mit guter Akustik war nicht leicht zu finden. «Doch dann kam ich in die Klosterkirche von St.Katharinental und wusste auf den ersten Blick, dass alles stimmte», sagt Claudia Heinle. Die drei Künstler investierten also ein Teil ihres Fördergelds in die Miete des kaum mehr für Gottesdienste genutzten Gebäudes. «Ich mag den Gedanken an weibliche Spiritualität, die von den Nonnen hier gelebt wurde.»
Inka Grabowsky
Thurgau, Switzerland
July 2021
Dass Kunst und Kultur auf Fördergelder angewiesen sind, ist kein Geheiminis. Wie der Weg zu diesen Fördergeldern jedoch steinig sein kann und was eine Zu- oder Absage mit den Künstler*innen macht, das hat Inka Grabowsky für uns recherchiert.
Tänzerin Claudia Heinle, Autor und Theaterbetreiber Adolf Jens Koemeda, Musiker David Nägeli und Künstler Pablo Walser. Entstanden ist ein lesenswerter Text, der Einblick gibt in die Kunst der Selbstvermarktung und den Antragsdschungel, durch den sich die Künstler*innen zu kämpfen haben.
Thurgau, Switzerland
July 2021
Barockmusik trifft altägyptische Rhythmen: Mit der Tanz- und Musik-Performance „Passion“ vereinen Claudia Heinle, Caroline Chevat und Martin Stadler scheinbar Unvereinbares. Heinle und Caroline Chevat haben im Kreuzlinger Kult-X eine neue Heimat gefunden. Die Proben für ein Projekt mit der Fusion von europäischen und ägyptischen Musik-Traditionen haben begonnen, Unterricht in ägyptischem Tanz und ägyptischer Perkussion wird folgen.
Link zum Artikel mit Photos
https://www.thurgaukultur.ch/magazin/einmal-unterwelt-und-zurueck-4875?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=Deine+Tipps+der+Woche+%2326+vom+28.+Juni+bis+4.+Juli+2021
Alles begann mit dem Ende des Kulturlebens in der ersten Coronawelle. Der Thurgauer Flötist Martin Stadler stellte sich kurzerhand auf den Konstanzer Münsterplatz in der Nähe seiner Wohnung und gab Freiluft-Konzerte. „Ich habe ihn angesprochen, und wir beschlossen zusammenzuarbeiten“, erzählt die Tänzerin und Choreografin Claudia Heinle.
Sie ist spezialisiert auf die ägyptische Tanzsprache. Gemeinsam mit der Perkussionistin Caroline Chevat vermittelt sie das Erbe der orientalischen Welt. Nun soll das kombiniert werden mit barocker Flötenmusik. „Beim ersten Treffen hat Martin Stadler gleich mit Caroline an der Trommel improvisiert. Schon damals entstand die Idee, gemeinsam das Thema ‚Passion‘ zu verfolgen.“ Der Gedanke liegt eigentlich nahe. In der christlichen Welt ist der Opfertod Jesu und die Wiederauferstehung zentral. Doch auch das alte Ägypten kennt das Motiv. Dem Mythos nach wird Osiris von seinem Bruder Seth getötet, aber von seiner Frau und Schwester Isis wieder zum Leben erweckt. Er herrscht in der Folge über das Reich der Toten. „Das alte Ägypten ist eine Inspirationsquelle für uns. Doch die Tempel dort und die Kirchen hier haben in der Symbolsprache ihrer Architektur viel gemein“, so Heinle. „Wir schlagen nun musikalisch eine Brücke. Vielleicht ist das für uns Menschen eine Chance, uns auf Gemeinsamkeiten und nicht auf Trennendes zu besinnen. Der Tod spiele für jeden überall in der Welt eine grosse Rolle.
Ein Ziel des Projektes: Die Passionsgeschichte anders erzählen
Die Tänzerin bedient sich der Körpersprache sowohl des Orients als auch des Okzidents. „Die Wurzel ist in beiden Kulturen die gleiche, nur die Ästhetik ist anders. Universell verständlich sind die Gesten der Trauer und des Leides. Der Tanz kann das zusammenführen. Freude und Leid, Lachen und Weinen sind überall verständlich.“ Innerhalb einer Stunde wollen die drei Künstler die christliche Passionsgeschichte in sieben Szenen darstellen. „Zunächst werden wir den Kirchenraum erfahrbar machen. Wir ziehen ein zu Schlägen auf der Rahmentrommel - dem Daff. Dann stelle ich durch Körperposen das Leid Jesu bei der Kreuzigung dar. Es ist schon auffallend, dass seine Haltung mit den ausgebreiteten Armen an die eines Sufitänzers erinnert.“ Die Ästhetisierung des Leidens sei aber ein heikler Moment. Anschliessend wechselt Heinle die Perspektive und personifiziert das Leid von Maria und Maria Magdalena. Danach geht es um das Trauerritual der Nachtwache über dem Leib. „Für die Auferstehung musste man in Ägypten ja zum Beispiel den Körper einbalsamieren. Wir zeigen den Weg in die Unterwelt, ins Reich der Toten, und den Aufstieg aus der Dunkelheit wieder ins Licht.“
Die Kirche erweist sich als idealer Aufführungsort
Um die Geschichte passend zu inszenieren, wird die gesamte Dreifaltigkeitskirche bespielt. „Wir haben uns die Erlaubnis geholt, vieles umzustellen. Es wird verschiedenen Schauplätze für die Performance geben, deshalb müssen die Stühle aus der Mitte des Kirchenschiffs verschwinden. Ausserdem werden wir den Chorraum und die Säulen mit einbeziehen.“
Höchstens achtzig Menschen passen auf diese Weise in die Kirche. „Wenn mehr kommen sollten, dann machen wir eben noch eine dritte Vorstellung.“ Da keine Eintrittskarten verkauft werden – die Künstler bitten um eine freiwillige Spende, ist unmöglich vorauszusehen, wie viele Zuschauer sich für die Performance interessieren. Begeistert ist Heinle von der Akustik im mittelalterlichen Gebäude. Verstärker oder Lautsprecher seien überflüssig. Die moderne Technik, die für unterschiedliche Lichtstimmungen sorgt, sei gut und der Messmer überaus hilfsbereit. Vor allem aber ist eine Kirche genau der richtige Ort, um dem Thema „Passion“ gerecht zu werden.
„Ich darf an einem Ort tanzen, in dem über Jahrhundert der weibliche Körper quasi ausgeklammert war.“Claudia Heinle freut sich, dass das katholische Dekanat Konstanz dem Projekt offen gegenüberstand. Tanz in einer ehemaligen Klosterkirche der Augustiner-Eremiten aus dem 13. Jahrhundert zu zeigen, ist schliesslich etwas ungewöhnlich. „Ich darf an einem Ort tanzen, in dem über Jahrhundert der weibliche Körper quasi ausgeklammert war.“
Bachs Musik als Keimzelle der Idee
Startpunkt für die musikalische Arbeit an der Performance war Bachs Ciaccona aus der Partita Nr. 2 d-Moll für Violine, die Martin Stadler für seine Flöte transponiert hat. „Es war eine Herausforderung, das Werk eines universalen Komponisten, das er für Geige geschrieben hatte, für die Flöte anzupassen. Aber ich merkte, dass das Instrument eigentlich zweitrangig ist. Wichtiger war die Schaffensfreude, die das Werk inspiriert.“
Die Musik faszinierte auch Caroline und Claudia, die in der Schlussszene der Performance Rhythmus und Bewegung dazu ergänzen. „Die Kombination mit Tanz und Daff bringt eine Neuerung“, erzählt der Flötist. „Es entsteht ein gewaltiges Konzentrat. Wir haben bei den Proben die Erfahrung gemacht, dass etwas ins Spiel kommt, was man nicht genau fassen kann. Die Bewegung und der Rhythmus eröffnen Horizonte. Es gibt ein mystisches Erleben, das beflügelt. Er eröffnet Türen, von denen man nicht weiss, was sich dahinter verbirgt.“ Die Performance will also mehr sein als ein Barockkonzert mit Tanz. Neben Bach improvisiert Stadler auch zu Werken von Vivaldi und Stücken eines zeitgenössischen norwegischen Komponisten.
Die Proben fanden lange vor allem digital statt
Während Martin Stadler schon durch seinen Beruf vertraut mit dem Thema der christlichen Passion war, fühlten sich Heinle und Chevat nicht so sattelfest. Sie begaben sich zu Ostern ins Dominikanerkloster Sainte-Marie de la Tourette, um sich über die Rituale zu informieren. Die Choreografie entstand zunächst einmal im Kopf von Claudia Heinle. Eine Fussverletzung verunmöglichte das spontane Ausprobieren. Caroline Chevat und Martin Stadler haben lange Zeit vor allem online geprobt. „Wir haben in der Pandemie gelernt, wie gut es funktioniert. Und es ist terminlich einfacher. Martin schickt eine Datei mit seiner Flöten-Musik an Caroline. Sie findet dafür einen Rhythmus auf ihrem Daff und schickt die neue Version zurück. Dann wird diskutiert, ob es so passt. Das ist ein Teil der Probenrealität heute.“
Anna Hertz führt Regie bei dem Stück
Nach einer Intensiv-Probenzeit Mitte Juni in Frankreich ziehen die drei mit ihrer Regisseurin Anna Hertz erst kurz vor der Premiere zum Üben in die Dreifaltigkeitskirche in Konstanz. Die Regie sei insbesondere bei der Verbindung der Szenen unverzichtbar. Man brauche einen Beobachter von aussen, so Heinle. Geführt würden die Mitglieder des Teams allerdings nicht. „Alle müssen mit Vorschlägen einverstanden sein. Gemeinsam finden wir immer eine Lösung. Wir haben ja alle viel Erfahrung.“
Aufführungen sollen auch im Thurgau stattfinden
Heinle hat „Passion“ als Transformationsprojekt beim Kulturamt des Kantons angemeldet. Der Thurgau unterstützt Kulturschaffende dabei, nach der pandemiebedingten Pause ihr Publikum zurückzugewinnen. Die bewilligten 20.000 Franken werden helfen, sechs weitere Aufführungen im Thurgau innerhalb der kommenden zwei Jahre auf die Beine zu stellen. Im Blickpunkt dabei bleibt sakrale Architektur – das Stück behandelt schliesslich die Leidensgeschichte Jesu. „Wir wollen ortsspezifische Aufführungen machen – also uns anpassen an Kreuzgänge, Rosengärten oder Kirchenräume.“ Ausserdem ist geplant, bei den ersten Vorstellungen Filmaufnahmen zu machen, die dann an ausgewählten Orten an Wände projiziert werden. „Kirchen, Hospize oder Spitäler wären dafür geeignet, denn wir setzen uns mit ‚Passion‘ explizit mit dem Tod und dem Leid auseinander.“
Termine: Erste Aufführungen von „Passion“ am 29. und 30. Juni in der Dreifaltigkeitskirche Konstanz um 21 Uhr. Termine für die Installationen und die Aufführungen im Thurgau werden noch bekanntgegeben.
Inka Grabowsky
Konstanz, Deutschland
July 2021
Flötist, Perkussionistin und Tänzerin kooperieren. Gemeinde räumt Dreifaltigkeitskirche leer. Musik aus Europa und aus dem Orient verschmelzen. Es ist ein Experiment.
Die Leidenschaft der vier Beteiligten lassen aber keinen Zweifel am Gelingen des gemeinsamen Projektes aufkommen. Nach der coronabedingten Zwangspause für Kreative, präsentieren Claudia Heinle, Tänzerin, Caroline Chevat, Perkussionistin, Martin Stadler, Flötist, und Anna Hertz, Regie, eine Tanz- Musikperformance, in der Dreifaltigkeitskirche mit dem Titel „Passion". Dabei wird noch kurz vor der ersten Aufführung am Konzept gearbeitet, gefeilt und geändert.
Martin Stadler ist über das gute Miteinander innerhalb der Gruppe begeistert: „Es herrscht ein gutes Einvernehmen ohne viel Worte." Claudia Heinle ergänzt: „Jeder von uns findet in dem Projekt seinen Raum, so verbinden sich im Kleinen unsere Kulturen, unsere Schnittmengen vergrößern sich. Das ist wunderbar." Die eigenen Grenzen erkennen und öffnen, so könnte man versuchen, die Idee in einen Satz zu packen. „Wir leben ein intensives Miteinander", betont Claudia Heinle, die mit Caroline Chevat schon viele Projekte im Bereich ägyptische Tanz- und Musiksprache realisiert hat.
Mit dem Flötenvirtuosen Martin Stadler, wagen beide nun ein Experiment in Richtung klassische, europäische Musik von Bach und Vivaldi. Claudia Heinle hatte den Flötisten während des Lockdowns in der Hofhalde spielen hören und war von seinem Spiel begeistert. So entstand die Idee dieser Kooperation. Anna Hertz fügt dabei die Beiträge der Musiker und der Tänzerin und Choreografin zusammen. „Die Dreifaltigkeitskirche ist fast eine Art Musikzimmer für mich", sagst Martin Stadler lächelnd: „Dieser Ort hier hat eine unglaubliche Kraft und Ausstrahlung und natürlich eine fantastische Akustik."
Das Projekt an genau diesen Ort zu bringen hat auch die beiden Frauen begeistert: „So können wir den Tanz weiter in den sakralen Raum zurückbringen." Dabei erhalten sie die volle Unterstützung der katholischen Kirchengemeinde, die zugestimmt hat die Kirche nahezu leerzuräumen inklusive dem Altar. „Wir wollen den gesamten Kirchenraum bespielen", so Heinle.
„Die Kirche soll vibrieren!" spielt Stadler auf die gewaltige Kraft der Rahmentrommel an, die von Caroline Chevat gespielt wird. Dass dennoch daneben eine Blockflöte daneben Raum finden kann, hat er in den letzten Wochen dankbar erleben dürfen. So gibt es hier eine beeindruckende Fusion zweier Musikkulturen, Okzident und Orient im Einklang. Die Flöte gilt auch als Symbol des lebensspendenden Atems und Geheimnis des Lebens. Die Rahmentrommel - auch Daff genannt, steht als Symbol der Zeit, der Zyklen - Geburt, Tod und Wiedergeburt.
Claudia Heinle, Tänzerin und Choreografin interpretiert diese Klangwelten im Tanz. Der Titel „Passion" bezeichnet das letzte Abtauchen in die Dunkelheit vor der Rückkehr in das Licht und damit ein Motiv, das in Religion, Ritualen und Mythen, in Literatur und Kunst zu allen Zeiten verarbeitet wurde und niemals seine Aktualität verlieren wird.
Jana Mantel
Thurgau, Switzerland
February 2021
Claudia Heinle und Caroline Chevat haben im Kreuzlinger Kult-X eine neue Heimat gefunden. Die Proben für ein Projekt mit der Fusion von europäischen und ägyptischen Musik-Traditionen haben begonnen, Unterricht in ägyptischem Tanz und ägyptischer Perkussion wird folgen.
„Ich habe gerade mein Zugangsbadge bekommen“, sagt Claudia Heinle euphorisch. Die Tänzerin und Choreografin darf den grossen Saal im ehemaligen Schiesser-Areal für sich allein als Probenraum nutzen. „Wieder in einem so grossen Raum arbeiten zu dürfen, fühlt sich an, wie nach langer Zeit endlich mal wieder das Meer zu sehen.“
Heinle hatte viele Jahre in Kreuzlingen gemeinsam mit Caroline Chevat den Tanz Raum in Kreuzlingen betrieben, bis die Liegenschaft verkauft wurde und sich das Duo 2013 mit einem Raum in Konstanz begnügen musste, der sich insbesondere zu Corona-Zeiten als zu klein erwies. Sie habe deshalb Kontakt zu Christine Forster vom Kult-X aufgenommen. Die beiden Frauen wurden sich schnell einig. „Ich lebe seit rund dreissig Jahren in Kreuzlingen. Es ist schön zuhause zu arbeiten.“ Hier könne die Compagnie nun wieder Produktionen oder Performances zeigen oder sogar Tanzwochen organisieren. „Es ist unglaublich, was die Stadt in den vergangenen Jahren an Veranstaltungsräumen jenseits des High-End Betreibs im Dreispitz geschaffen hat.“ In Kreuzlingen gäbe es eine Chance, zu einem vernünftigen Preis Kultur zu machen, die aus der Mittelmässigkeit heraustrete.
Die eine positive Wirkung der Pandemie
Die Compagnie Tanz Raum von Heinle und Chevat ist üblicherweise in fünf Ländern aktiv. Die Frauen lehrten und performten in Ägypten, Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz. Seit dem Corona-Ausbruch sei ihr Leben „zerfleddert“. Ihre Einsätze richteten sich nach den jeweils aktuell geltenden Einschränkungen. „Jetzt, um planungsfähig zu bleiben, müssen wir an Ort und Stelle arbeiten. Das ist auch eine schöne Sache.“ Lediglich dreissig Prozent des Umsatzes habe die Compagnie im vergangenen Jahr gemacht. „Ich komme immer irgendwie klar“, sagt Heinle. Sie könne sich auf Freunde und Familie verlassen und hätte sich inzwischen auch mit der Antragsdschungel für Fördergelder auseinandergesetzt. „Die Verwaltungen bemühen sich ja redlich, aber es gibt immer Löcher im sozialen Netz, durch die einzelne Künstler hindurchfallen.“
Mit Existenzängsten habe sie sich trotzdem nicht herumgeschlagen, und auch Angst vor dem Virus habe sie nicht. Was ihr aber richtig zu schaffen machte, war die Angst vor der Bedeutungslosigkeit, die sie gelegentlich übermannte. „Man muss mit Ängsten arbeiten und sie auflösen. Konkret: die Füsse in den Boden stemmen und sich nach oben aufrichten, damit man weit und offen bleibt. Das ist unsere Aufgabe als Künstler.“ Gerade in Krisen sei das besonders wichtig. „Ich habe die Zeit zur Reflektion genutzt: Was ist wichtig, was muss passieren, was kann ich zur Lösung beitragen?“ Erst müsse man sich im Innern klar werden, um dann nach Aussen zu wirken. „Heute wird alles Äussere oft zu wichtig genommen, das Innenleben wird vernachlässigt. Das Wachsen des Bewusstseins fehlt.“ Genau hier will Claudia Heinle als Künstlerin ansetzen. Sie will zu einer Bewusstseinsänderung in der Gesellschaft beitragen. „Es steht ein Wandel in der Welt an. Das spüren wir Künstler extrem. Gerade im ägyptischen Tanz gibt es Mittel, die bei der Transformation helfen: Atemtechnikern, Bewegungsmuster, die seit Urzeiten in Ritualen eine Transformation begleiten. Man kommt in einen Trance-Zustand, in dem man Änderungen integrieren kann und erreicht an Bewusstseinsschichten, die sonst verschlossen bleiben. Das ist hier und jetzt wichtig.“
Video-Kurse
„Sobald weitere Öffnungen erlaubt werden, sind wir parat für Unterrichtsstunden“, sagt Claudia Heinle. Bis dahin behilft sich die Compagnie Tanz Raum mit Videos zur „Art of Trance“ und zur „Art of Daff“, die man als Kurs oder als Performance betrachten kann. Sie habe sowohl als Teilnehmerin als auch als Leiterin Unterricht auf Zoom erlebt, so die Tänzerin. „Es ist schwer, wenn man die anderen Menschen nicht atmen hört und ihre Körper nicht wahrnimmt. Durch die Mattscheibe kann ich die Schülerinnen nicht auf die nächste Bewusstseinsebene bringen.“ Deshalb erscheint es Heinle/Chevat sinnvoller, den Bruch mit der alten Normalität nicht online zu überspielen, sondern den Interessenten gleich ganz die Eigenverantwortung zu übergeben. „Die Betrachter unserer Filme nehmen sich dafür Zeit und konzentrieren sich anders“, ist Heinle überzeugt. „Die Schülerin ist allein und wird weder gesehen noch abgelenkt.“ Sie freut sich auf zukünftigen analogen Unterricht, räumt aber auch ein, dass die Videos Vorteile mit sich brächten. „Wir waren überrascht, wie kreativ wir beim Filmen geworden sind und welche Möglichkeiten die Technik bietet. Es bringt auch einen Zuwachs an Freiheit – nicht zuletzt, weil es ja keinen festen Stundenplan gibt.“ Etwa dreissig Video-Kurs-Pakete für je 310 Euro hat die Compagnie bereits verkauft, an neue wie auch an alte Kunden. Im Gegenzug wurden dreissig Zugänge für weniger begüterte Ägypter gratis freigeschaltet.
Neues Projekt
Bevor nach dem Ende des Lockdowns im Kult-X immer donnerstags Tanzunterricht angeboten werden kann, nutzt Heinle die Fläche für die Probenarbeit zu ihrem neuen Stück „Passion“. Es soll im Sommer in der Augustiner Kirche in der Konstanzer Innenstadt uraufgeführt werden. Wie üblich wird Caroline Chevat als Perkussionistin mit ihrer Rahmentrommel mit dabei sein, dieses Mal aber ergänzt vom Flötisten Martin Stadler https://www.martin-stadler.com , der ausgewiesener Bach-Spezialist ist. „Wir bringen zwei Giganten zusammen: die europäische Musik-Tradition und die ägyptischen Rhythmus- und Tanz-Traditionen“, erzählt Heinle. Noch wird das Stück entwickelt, insofern ist noch nicht klar, wie Okzident und Orient zusammenwirken werden. Zur Passion, dem Leiden und der Leidenschaft, können sicher beide Kulturen viel beitragen.
Inka Grabowsky
November 2019
Konstanz, Germany
Tänzerin Claudia Heinle, Perkussionistin Caroline Chevat und Rezitator Michael Müller erwecken in Engen die Geschichte der Konstanzer Kurtisane zum Leben.
Engen - Sie ist zum Wahrzeichen der Stadt Konstanz geworden - weithin sichtbar steht die Imperia an der Hafeneinfahrt. Auf satirische Weise spielt der Künstler Peter Lenk mit dieser Statue auf das Konzil von Konstanz (1414-1418) an, wo sich laut einer Erzählung von Honoré de Balzac die Kirchenfürsten auch lustvoll zu vergnügen wussten. Die begehrteste Kurtisane war Imperia, umworben auch von den höchsten Würdenträgern. Im städtischen Museum Engen wurde die Geschichte "Die schöne Imperia" in einer Lesung verbunden mit Tanz und Percussion, zum Leben erweckt. Die Besucher wurden an den Seitenwänden der Apsis platziert, wodurch die Mitte zur Bühne für die Tänzerin Claudia Heinle wurde. Wie über den Boden schwebend ließ sie auf faszinierende Weise Anmut und Begierde der Imperia erahnen. Umrahmt wurde Heinle von Percussionistin Caroline Chevat, ihr Klopfen und sanftes Streichen über die Rahmentrommel erzeugte eine fast mystische Stimmung. Ganz in schwarz gekleidet auch Rezitator Michael Müller, der mit empathischer Sprache, Gestik und Mimik den Figuren der Geschichte Gestalt gab. Balzac erzählt vom Erzbischof von Bordeaux, der in seinem Gefolge das Pfäfflein Philippus mit auf das Konstanzer Konzil nahm. Das Priesterlein wirbt um Imperia, die in anfangs verächtlich abweist. Auch wenn hohe Würdenträger um sie konkurrieren, verliert sie ihr Herz an dieses Priesterlein. Imperia lebte ehrbar, aber Gott schenkte ihr keine Kinder, was für sie eine Schande bedeutete.
Mit 45 Jahren wählt Imperia den Freitod, was Claudia Heinle auf beeindruckende Weise darstellte. Imperia legt zu vibrierenden Trommelschlägen ihren Schmuck ab, ihr Umhang wird zu einem Säugling, den sie im Arm wiegt. Müller, Heinle und Chevat boten den rund 70 Gästen eine faszinierende Inszinierung von Balzacs Erzählung.
Christel Rossner
November 2019
Engen, Germany
Die Gäste wurden mitgenommen auf eine Zeitreise ins Mittelalter zum Konstanzer Konzil, verkörpert durch die schöne Imperia in Form der gleichnamigen Geschichte von Honore de Balzac. Die international agierende Tänzerin Claudia Heinle verkörperte ausdrucksstark die faszinierenden Wesenszüge der berühmten Kurtisane. Claudia Heinle wurde von Caroline Chevat als Perkussionistin begleitet. Gelesen wurde die Geschichte durch den Rezitator und Schauspieler Michael Johannes Müller, der die Geschichte durch seine Mimik und seine klare Sprache besonders anschaulich darbot. Die drei Künstler waren während des Stückes eins, lebten die Geschichte und zogen die Zuschauer sogleich in ihren Bann.
Spannende Klänge erzeugte zu Beginn die Rahmentrommel von Caroline Chevat und unterstützte den anmutenden Tanz von Claudia Heinle. Überraschenderweise erklang die brillante Stimme von Michael Müller von hoch oben von der Empore und entführte die Zuhörer zusammen mit dem Erzbischof von Bordeaux, dem jungen Priester und dem restlichen Gefolge nach Konstanz zum Konzil. Imperia, die aufgrund ihrer maßlosen Schönheit und ihren Liebeskünsten von allen Männern geliebt und begehrt wurde, wusste um ihre Macht, »war doch Imperia die anspruchsvollste und launischste Dirne des Erdenrundes und sowohl für ihre unübertroffene Schönheit, als für ihre Kunst bekannt, gleichermaßen Kardinäle, Leuteschinder und raue Krieger zu knechten«.
Ausgerechnet ein kleiner Priester aus der Touraine konnte die Liebe dieser Frau gewinnen. Immer wieder faszinierte die Spiel-, Schlag- und Streichweise der Rahmentrommel, die die Künstlerin Chevat virtuos zu spielen vermochte, während Claudia Heinle in einer hinreißend plastischen Art die Wandlung der einstigen Hure zur liebenden Gemahlin bis zu ihrem dramatischen Tod verkörperte. Dass Imperia keine Kinder bekommen konnte, empfand sie als Schande und aus tiefster Liebe zu Ihrem Gemahl entscheidet sie sich im Alter von 45 Jahren für den Freitod, um ihm ein freies Leben und die Chance auf Nachkommen zu ermöglichen. Mit einer grandiosen Ähnlichkeit zur Konstanzer Imperia-Statue von Peter Lenk überzeugte sie, bei der sie nicht nur die Gestik der erhobenen Hände, die sich um die Achse drehende mit offenem Rock emporragende schöne Frau, sondern auch die entsprechend ausstrahlende Mimik darzustellen vermochte. Für die Besucher waren das sicherlich 75 Minuten voller Spannung und Dramaturgie, die Rezitator Michael Müller verstand, mit entsprechenden Höhen, Tiefen, Tempowechsel und abwechslungsreicher Mimik in seiner Stimme zu vermitteln.
Uwe Johnen
October 2018
Konstanz, Germany
TN: Claudia - lass’ uns ein wenig plaudern. Bitte stell’ dich kurz vor. CH: 51 Jahre, genieße mein Leben, studiere das Glücklich-Sein. TN: Was bewegt dich?
CH: Mich bewegen Menschen. Menschen und Musik. Und Klang, Rhythmus, Kulturen, Bilder. Die Wüste. Die Berge. TN: Berge? Das geht mir genau so – aber Berge sind ja vielleicht das am wenigsten Bewegliche, was wir so um uns herum haben, oder?
CH: Die Berge und die Wüste vermitteln Ruhe. An solchen Orten wird äußere Bewegung von einer inneren Bewegung abgelöst. Bewegung ist immer in uns. Als Herzschlag und Blutdruck. Als Puls einer Zelle oder Hirnwelle. Bewegung ist immer da – nicht nur beim Tanz oder wenn wir aktiv sind. TN: Da sind wir mitten im Thema. Was ist deine Idee von Bewegung? CH: Ich würde das ex negativo definieren: als Gegenteil von Bewegungs-losigkeit. Bewegungslosigkeit ist der Tod – Bewegung ist das Leben. Sie kann nach außen oder innen gerichtet sein, sichtbar oder unsichtbar. Bewegung ist etwas Kraftvolles. Etwas, das Kraft kosten, aber auch geben kann. Und wir als Menschen verorten unsere Bewegungen natürlich in größeren Bewegungszusammenhängen von Wasser, Wind, planetaren Umlaufbahnen und so weiter. Bewegung, das ist Schöpfung.
TN: Das ist ja eine sehr inklusive Idee von Bewegung: Alles ist eigentlich immer bewegt; wir alle als dauerbewegte Menschen. Lass’ uns klein anfangen: Wie ist deine persönliche Bewegungsgeschichte? CH: Die beginnt ganz früh – schon als Kind war ich gierig nach Bewegung. Ich bin auf ein Sportgymnasium gegangen und hatte einen immensen Bewegungsdrang. Retrospektiv kann ich sagen: Das kam aus einem Gefühl der Beschränkung. Ich habe mich damals in meinem Körper eingesperrt gefühlt und schnell gemerkt, dass mir Sport dabei hilft, diese Blockade zu überwinden. Bewegung hat mir auch dabei geholfen, mit Emotionen umzugehen. Wenn ich geschimpft wurde, wenn ich wütend war – oder traurig – immer dann hat mir der Sport am meisten geholfen – ohne bin ich erstarrt und ins Dunkle gefallen. TN: Wie kommen wir von der Sportlerin Claudia zur Tänzerin? Ohne dem Tanz die sportliche Dimension absprechen zu wollen, aber da geht es ja um eine spezielle Idee von Bewegung. CH: Als Kind habe ich rhythmische Gymnastik gemacht – und das wohl recht ambitioniert, zumindest wollten meine Lehrer mich gleich in eine Ballett-Förderklasse stecken. Meine Mutter hat das damals nicht erlaubt, wofür ich ihr heute sehr dankbar bin – weil diese Form des tänzerischen Ausdrucks sozusagen konträr zu ebenjener Bewegungssprache steht, die ich heute praktiziere. Tanz geriet für mich danach erstmal in Vergessenheit, ich habe mich anderweitig ausgetobt: Reiten, Surfen, Skifahren, da war alles dabei. Der Tanz kam dann erst einige Jahre später wieder in mein Leben, zum Ende meines Studiums – und auch da über Umwege. Innerhalb meines Studiengangs Politik & Verwaltungswissen-schaften habe ich mich mit dem Nahen Osten beschäftigt – die Region hatte immer schon einen großen Reiz auf mich ausgeübt. Als ich zwei Jahre als Erasmus-Studentin in Kopenhagen verbrachte, habe ich dort eine ägyptische Tanzkompanie auf der Bühne gesehen – und da war es um mich geschehen.
TN: Erzähl’! CH: Bei diesem Auftritt kam alles mit einer großen Wucht zusammen. Mir war sofort klar, dass diese Rhythmen und diese Art der Bewegung mein Leben verändern werden. Die tanzenden Körper, die ich dort auf der Bühne gesehen habe, waren kraftvoll und frei. Frei in ihren Bewegungen und in ihrer Haltung. Das war jene Freiheit, die ich die ganze Zeit über gesucht hatte. Auf einmal gab es zu diesem diffusen Gefühl des Eingesperrt-Seins ein Gegenbild, einen Zielhorizont. Das hat sich mir ganz unmittelbar erschlossen. Danach habe mich sofort Hals über Kopf in dieses Thema gestürzt, mich für einen Workshop angemeldet und war bereits drei Wochen später bei einer Tanzwoche in England. In der Folgezeit habe ich alle finanziellen Mittel in Bewegung gesetzt, um so oft und so viel zu tanzen wie möglich. Und wie das Leben so spielt: Ich war mit meinem Studium fertig und besagte Kompanie war auf der Suche nach einer Managerin – das habe ich dann übernommen und gleichzeitig eine Tanzausbildung begonnen.
TN: Wie kam es zur ersten Auflage des tanz raum in Kreuzlingen? CH: Ich habe schon als Studentin in einem großen Haus in der Freihofstraße, in der Nähe des Zolls gewohnt. Und als der Tanz wieder in mein Leben kam, sah ich die große Freifläche im Erdgeschoss plötzlich als neuen Möglichkeitsraum – als Raum zum Tanzen. Damit ging alles los. TN: Die klassische Do-It-Yourself-Geschichte. Mittenrein, mit allem was dazugehört. CH: Exakt! Mit Sinn und ohne Verstand! (lacht)
TN: Weshalb Ägypten? Weshalb diese Tanzsprache? CH: An der ägyptischen Tanzsprache interessiert mich die jahrtausendealte Geschichte, die Mythen, die unglaubliche Reichweite. Tanz kann Kampf, Trance oder Ekstase sein. Er kann Gebet sein oder Exorzismus, Heilung, Ritual oder Ausdruck von Lebensfreude. Uralt und wahnsinnig aktuell. Tief und leicht. Im Tanz ist alles da – ich vermisse nichts.
TN: Der tanz raum wird in diesem Jahr zwanzig Jahre alt. Lass uns eine kleine Zeitreise machen. Es ist 1998, wir sind in der Kreuzlinger Freihofstraße. Wer war dabei? Was waren die Highlights? CH: Recht bald kam Caroline Chevat zum tanz raum, zunächst aus einem fotografischen Interesse, aber der Virus sprang direkt zu ihr über. Ihr Zugang zum Thema kam in erster Linie über den Rhythmus. Unser lieber Freund und Lehrer Ibrahim El-Minawi, ägyptische Perkussion-Legende, der anlässlich von Workshops oft bei uns in Kreuzlingen zu Gast war, war eine große Inspiration für sie. Und heute, zwanzig Jahre später, ist Caro eine wirkliche Koryphäe auf dem Gebiet ägyptischer Perkussion. Und von unseren Räumen in der Freihofstraße ging es dann in die Welt. Internationale Workshops, Auftritte, Musikaufnahmen, Studienreisen, Arbeitsaufenthalte in Frankreich, England, Norwegen, den Niederlanden, Ägypten und vielen andern Ländern. In Ägypten sind wir Mitglied von drei verschiedenen Künstlerfamilien. Was man bei diesen Aufenthalten lernt, lässt sich nicht nur in Kategorien des Wissens beschreiben – man lernt dort auch eine Einstellung zum Leben.
TN: Claudia Heinle aus Schwaben, die in die Welt auszog, um ägyptischen Tanz zu lehren – gibt es da Ressentiments? Stichpunkt: kulturelle Zugehörigkeit? CH: Nicht mehr – und das hängt nicht nur damit zusammen, dass ich in der „Szene“ mittlerweile einen Ruf habe. Ich glaube, dass viele Leute merken, dass dieses Thema so tief in mir gelandet und angekommen ist, dass man das nicht in Frage stellen muss. Asiatische Pianisten werden ja auch nicht zwingend nach ihrer Beziehung zu Mozart oder Rachmaninoff befragt. TN: Du bist viel unterwegs und arbeitest in wechselnden Konstellationen. Hast du das Bedürfnis nach Unbewegtem in deinem bewegten Leben? Gibt es eine Sehnsucht nach Konstanz? CH: Nicht unbedingt. Ich bin mir selbst Fixpunkt und nehme mich ja immer mit auf meine Reisen und Begegnungen. Ich kann überall schlafen, ich kann mich überall einrichten, wo mir freundlich entgegengetreten wird. Aber natürlich finde ich es auch wunderschön, immer wieder an den Ort zurückzukommen, wo meine Freunde sind, wo ich nicht viel erklären muss, wo meine Heimat ist.
TN: Die letzte größere Produktion, die ich von dir gesehen habe, hieß „Doing Things“ – eine knappe Stunde enorm verdichtete Tanz- und Musikperformance, die starke Emotionen verhandelt: Figuren von Trauer, Überwältigung, Niedergeschlagenheit, aber auch Überschwang und Lebensfreude. Wie gehst du nach so einer Aufführung von der Bühne? CH: Glücklich und beseelt. Und frei. Danach will ich schnellstmöglich zu meinem Publikum und kommunizieren. Und ein Glas Wein und eine Zigarette (lacht).
TN: Claudia, du hast dich voll und ganz in dein Thema gestürzt: Du tanzt, choreografierst, unterrichtest und schreibst gerade sogar an einem Buch über Tanz und Ritual im alten Ägypten. Die unvermeidliche betriebswirtschaftliche Frage: Kann man davon leben? CH: Man kann davon leben. Das ist die gute Nachricht. Aber die Wahrheit ist auch: Ich muss mit wenigen Mitteln auskommen und bin in meiner Arbeit auch auf den Goodwill von anderen Menschen angewiesen, meinem Vermieter beispielsweise. Die sogenannte ortsübliche Vergleichsmiete könnte ich für meine Räumlichkeiten sicher nicht bezahlen. Ich habe nicht das Gefühl, dass es mir an etwas mangelt, aber das ist vermutlich eher meiner Einstellung zum Leben geschuldet als einer objektiven Beurteilung. Tatsächlich lebe ich vermutlich am Existenzminimum, zumindest was die Finanzen betrifft.
TN: Du sagtest heute zu Beginn, dass Gyro das griechische Wort für Kreis sei. Lass’ uns zum Ende des Interviews den Kreis schließen und zum Anfang zurückkehren. Erzähl mir von Gyrokinesis. CH: Gyrokinesis ist eigentlich ein Yoga-Konzept, das von dem Tänzer Julio Horvath entwickelt wurde. Was mich daran interessiert, sind die kreisförmigen und kraftvollen Bewegungen, die ich schon von der ägyptischen Tanzsprache kenne, vor allen Dingen von den Tänzen der Sufis. Gyrokinesis zielt aber anders als der Tanz auf eine stark therapeutische Ebene ab. Wenn der Rücken zwickt, gezwickt hat oder gar nicht erst anfangen soll zu zwicken, dann bist du bei Gyro richtig. Gyro ist eine von vielen Methoden einer ganzheitlichen Körperarbeit. Für Leistungssportler ebenso geeignet wie für Anfänger. Gyrokinesis ist Gymnastik. Und da meine Kurse ganz klein sind, habe ich genug Zeit, auf jeden einzelnen Teilnehmer einzugehen.
TN: Als Körperarbeiterin bist du im wahrsten Sinne der Wortes ganz nah dran an den Körpern und Bewegungen deiner Mittänzer und Schülerinnen. Da muss es eindrückliche Erlebnisse geben. Fällt dir eines ein? CH: Ja. Da fällt mir Agneta ein. Agneta ist 75 Jahre alt, sie kommt aus Schweden.
TN: Hat sie mal bei Abba gesungen? CH: Nein, aber sie ist auch blond. Sie kam vor acht Jahren zu mir und wollte tanzen lernen. Ich sage das nicht oft, aber es war ein aussichtsloser Fall, sie konnte nicht einmal im Rhythmus laufen. Trotzdem kam sie jedes Jahr zweimal zu uns in die internationale Tanzwoche. Und siehe da: Agneta ist heute eine gute Tänzerin. Ich hatte mich getäuscht. Und bin sehr froh darüber, vor allem, weil ich mit Agneta eine neue Facette des Tanzens kennengelernt habe. Agnetas Antrieb zu tanzen ist nicht Lebensfreude. Agneta tanzt, um sich auf ihren Tod vorzubereiten.
TN: Claudia, wir haben uns selbst bewegt und über Bewegung gesprochen. Wo liegt denn die künftige Bewegung? Wie geht es mit dir weiter? Was steht an? CH: Nach den Sommerferien beginnen meine regelmäßigen Gyrokinesis- und Tanzkurse wieder. Und dann steht unser zwanzigster tanz raum-Geburtstag an, der in diesem Herbst noch gefeiert werden will.
TN: Abschlussfrage: Der tanz raum ist eine schweizerische Firma. Du arbeitest viel in Genf und Zürich. Tanzen Schweizer anders? CH: Nein, die Nationen-Grenze macht sich im tänzerischen Ausdruck nicht bemerkbar – und das gefällt mir außerordentlich gut. Auch, wenn manch einer gerne anderes unterstellen möchte: Die Deutschen und die Schweizer sind sich doch recht ähnlich.
Torben Nuding
February 2018
Es gibt sie. Selten. Aber sie sind da. Diese magischen Momente, in denen die Allverbundenheit gegenwärtig ist. Fühlbar – spürbar – hörbar. Bar jeglichem Überflüssigen. Inspiration, reduziert auf ihre Essenz: Wahrheit, Schönheit, Liebe. Manchmal gelingt es Musikern, ein Konzert zu solch einem Moment werden zu lassen. Und manchmal gelingt es sogar, diesen Moment einzufangen. “Solo Daff“ ist ein solcher Moment.
Kai Kopp langjähriger Redakteur für Weltmusik und Jazz bei Laut.de - größtes Internetportal für Musik in Deutschland.
They happen. Not often. But they are there. Those magical moments when everything becomes interconnected. Palpable – perceptible – audible. Exempt of anything superfluous. Inspiration, reduced to its essence: Truth, beauty, love. Sometimes, a musician succeeds in transforming a concert into such a moment. And sometimes they even manage to capture this moment. “Solo Daff” is such a moment.
Kai Kopp
Kreuzlingen, Switzerland
February 2018
Cie tanz raum im Trösch und wie seit Tausenden von Jahren
Musik und Tanz Menschen vereinen.
Erst hört man den Rhythmus, das Ziehen, das Rascheln, das Fordern, das die Hände der Trommlerin hervorrufen. Dann sieht man den Körper der Tänzerin nachgeben. Er zuckt, dreht, windet sich. Und schließlich ist man gar nicht mehr sicher ob nun die Tänzerin sich nach der Musik bewegt, oder ob die Musikerin sich nach den Bewegungen der Tänzerin richtet. Die Musikerin Caroline Chevat und die Tänzerin Claudia Heinle sind seit vielen Jahren ein eingespieltes Team. Sie haben sich in ägyptische Musik und Tanz vertieft und sind gemäss den uralten Traditionen profund ausgebildet. Das Duo ist zwar in Kreuzlingen zu Hause, inzwischen aber auf der halben Welt aufgetreten. «Wir durften auch schon in Ägypten unsere Interpretation zeigen, sagen sie, allerdings in der Kunst und Theaterszene.» Die rund zwanzig Besucher im Trösch dürfen das Phänomen des mitreissenden Rhythmus auch am eigenen Leib erfahren. Sie wiegen die Oberkörper, Klatschen in die Hände, Wippen mit den Füssen. Alle sind im Takt. Das gibt ein schönes Gefühl von Gemeinschaft meint ein Teilnehmer. Gerade hat Caroline Chevat im eigenen «tanz raum label» eine neue CD herausgebracht:« Solo Daff» aufgenommen in einer alten Kapelle. Im modernen Trösch klänge ihr Instrument vollkommen anders, erklärte sie: «Wenn Claudia und ich zusammen proben, wissen wir nie, was im jeweiligen Augenblick entsteht.»
Inka Grabowsky
Konstanz, Germany
November 2016
Hozan Ibrahim, Juho Lukkari, Moustapha Diop, Fadi Massamiri, Rouaa Dawod, Khalid Hussein, Hind Allouch, Claudia Heinle und Mustafa Hassan
Ulrike Horn, Leiterin der Stadtbücherei, erklärt, was es mit dem außergewöhnlichen Projekt auf sich hat: Die Idee stammt aus Dänemark. Ziel war es, im Gespräch Vorurteile abzubauen. Till Hastreiter von 83 integriert brachte den Stein für Konstanz ins Rollen. Er meinte, Flüchtlinge hätte viel zu erzählen – und zwar nicht nur von ihrer Flucht, sondern von ihrem Leben, erklärt Ulrike Horn. Bei der Nacht der lebenden Bücher erzählen nicht nur Flüchtlinge, die lebenden Bücher können von überallher sein. Ein Büchernarr würde wohl sagen: Jedes Buch lebt. Er hat ja nicht unrecht. In dieser Nacht allerdings leben die Bücher tatsächlich. Zwischen geschlossenen Buchdeckeln, inmitten der Bücherregale der Stadtbücherei, sitzen die lebendigen Bücher: normale Menschen aus Fleisch und Blut, wie Du und Ich. Die lebenden Bücher erzählen über ihre Leidenschaften, ihre Ängste, ihre Erfahrungen, über politische Gewalt, natürliche Wunder und Anker des Lebens.
Luisa Rische
Thurgau, Switzerland
October 2015
Die Compagnie «tanz Raum» zeigt im Theater an der Grenze die Ausdruckskraft und die Spiritualität, die dem ägyptischen Tanz als Kunstform zu eigen ist.
Rosenblätter liegen auf der steilen Treppe am Theater an der Grenze. Der Duft nach Weihrauch zieht durch den Bühnenraum. Qrientalische Musik empfängt die Zuschauer. Gelbes Licht lässt an die Abendsonne denken. Gut die Hälfte der normalerweise hundert Stühle ist durch flauschige Kissen ersetzt – kurz: die Atmosphäre des kleinen Theaters ist für die Tanzperformance „Doing Things“ völlig verändert. Rund eine Dreiviertel Stunde darf man in diese Welt eintauchen, dann hat die Zuschauer die Kreuzlinger Wirklichkeit wieder.
Der etwas andere Gottesdienst
Der Titel des Werks „Dinge tun“ ist eine wörtliche Übersetzung. So umschrieben die alten Ägypter die Rituale, die sie in Kontakt zu ihrer Götterwelt brachten. „Doing things“ ist die jüngste Produktion der Compagnie „Tanz Raum“, die die Wahl-Kreuzlingerin Claudia Heinle 1996 gegründet hat. Seit fast zehn Jahren ist Caroline Chevat (ebenfalls aus Kreuzlingen) Teil der Truppe. Aktuell stehen besonders ihre Talente als Perkussionistin im Vordergrund. Ihre Finger tanzen über die Trommel. Die Klänge, die sie ihrer Rahmentrommel entlockt, sind vielfältig. Mal geheimnisvoll, mal klagend, mal treibend sorgt sie für den Hintergrund, vor dem das Verständnis des Stückes möglich wird. Zum ersten Mal dabei ist die Sängerin Johanne Staiquly aus Strassburg mit ihrem ergreifenden Gesang. Zwar dürfte sich der Wortlaut ihrer Lieder kaum jemandem erschliessen, die Stimmung überträgt sich jedoch einwandfrei.
Claudia Heinle, Caroline Chevat, Johanne Staiquly und Daniel Siedler erzählen mit den Mitteln des Tanzes, der Rhythmen, des Gesangs und der Lichtregie eine universelle Geschichte eines Happy Ends. Eine verzweifelte Frau (Heinle) ist auf der Suche. Sie hat vergessen, was sie verloren hat. Wie ein Derwisch tanzt sie sich in Trance und wird schliesslich ruhig. Eine zweite Frau (Staiquly) kommt ihr zur Hilfe. Gemeinsam rufen sie ihre Götter an. Durch die ausgeführten Rituale kommt wieder Ordnung ins Chaos, so dass schliesslich Tänzerin, Sängerin und Perkussionistin (Chevat) gemeinsam das Leben feiern können.Viele der Gesten und Handlungen dürften so oder so ähnlich tatsächlich vor Tausenden von Jahren gebraucht worden sein. Claudia Heinle hat sich auf das Gebiet spezialisiert und schreibt gerade an einem Buch über „Tanz & Ritual im Alten Ägypten“.
Andächtige Atmosphäre
Die Zuschauer sind sich bei der Vorstellung offensichtlich bewusst, dass sie quasi einer heiligen Handlung bewohnen. Wie bei den Mysterien der christlichen Kirche müssen sie dabei die eigene Unwissenheit und bedeutungsvolle Pausen aushalten. Wie bei einem religiösen Konzert in der Kirche ist man am Ende unschlüssig, ob man wegen der grossen künstlerischen Leistung applaudieren soll oder ob man damit den magischen Moment zerstört. Bei der Premiere dauerte es ein paar Sekunden, bis sich das Publikum ein Herz fasste.
Inka Grabowsky
France
August 2013
Ibrahim El Minyawi, célèbre musicien international, participe à la Summer Dance actuellement à Belley. « De l´or dans ses mains, du feu dans son jeu et beaucoup d´amour », diront certaines personnes face à ce maître égyptien de la darabouka, installé à Londres. Comment êtes vous devenu musicien ? À l´age de 8-9 ans , j´ai découvert le tabla. C´est un instrument de musique à percussions. Depuis j´en ai toujours joué, jusquà en faire mon métier. J´ai d´ailleurs choisi le nom de El Minyawi car El Minya est une ville de musiciens. Que représente pour vous la musique ? J´aime avant tout la beauté du son, le battement. Le rythme. Il est partout, à commencer par le cœur. Quand je joue, j´irais même jusqu´à m´oublier. La musique, c´est la vie. Elle réunit, elle n´a pas de frontières. Et elle fait partie de la culture de mon pays. Où jouez- vous actuellement ? J´ai travaillé avec beaucoup d´orchestres, chanteurs et danseurs. Aujourd´hui, à 73 ans, j accompagne trois groupes essentiellement. Je travail surtout en Europe. J´habite à Londres mais je vais régulièrement à Dubai et en Égypte. Quelles sont les valeurs que vous souhaitez transmettre ? J´aspire vraiment à la paix dans le monde. Si tu restes chez toi et que tu as peur de ton voisin, c´est quoi la vie ? La tolérance, l´harmonie, la bonté… Voilà à quoi j´aspire. Quel projet aimeriez vous réaliser ? Je rêve de créer un centre culturel à El Minya, au bord du Nil, comme Caroline Chevat à Belley. Le mélange des cultures, les rencontres, la musique, c´est ma vie et je pense que je jouerai jusqu´à mon dernier souffle.
Caroline Borie
Belley, France
August 2013
Les participants sont venues des quatre coins du monde pour cette rencontre qui réunit danseur et musiciens. Pour la dixième année, la Summer Dance a débuté dimanche pour une durée d´une semaine. Après une edition 2012 en Allemagne, cette manifestation de danse égyptienne se tient cette fois à Belley.
Une passion international réunit une trentaine de participants, professionnels de la danse d´Egypte ou simples amateurs, venus des quatre coins du monde. Caroline Chevat, professeur de danse d´Égypte et de yoga et percussioniste, l´avait rêvé: “Je suis heureuse d´avoir rassemblé ici toutes ces personnes. C´est vraiment une rencontre international.” Durant une semaine, les quatre professeurs et quatre musiciens proposent des ateliers autour du yoga et de la danse d´Egypte.
Caroline Chevat, Marie Al Fajr, Claudia Heinle et Juliet Le Page donnent des cours dans le cadre de la manifestation. Vêtues de robes ambles aux couleurs vives, ou du vêtement traditionnel égyptien, les danseuse mènent la cadence. Elles sont accompagné par Ibrahim El Minyawi, “un maître de percussionniste pour beaucoup d´entre-nous”, souligne Caroline Chevat. Elle ajoute : “C´est amusant de voir le dialogue qui s´instaure entre les musiciens et les danseuses. Chacun répond à l´autre, et c´est ainsi qu´une histoire se raconte. Il se dégage alors quelque chose d´indescriptible.”
Caroline Borie
Konstanz, Germany
July 2012
Wie ein leises Räuspern, dann wie der Flügelschlag einer Taube zieht der Klang einer ägyptischen Trommel durch das alte Gebälk in der Historischen Gymnastikhalle, der Rhythmus nimmt an Fahrt auf, überträgt sich auf die Körper im Raum – und langsam beginnen sie zu tanzen.
Mit dem neunten International Summer Dance auf dem Uni-Sportgelände in Egg „schließt sich ein Kreis“, erzählt die Tänzerin Claudia Heinle. Vor knapp zwanzig Jahren hat hier ihre Karriere begonnen. In einem ihrer ersten Workshops in der Gymnastikhalle hat sie auch Karin Schemmann kennen gelernt, die ihr als Schülerin treu blieb, heute zu ihrer Compagnie Tanz Raum gehört und nun selbst zeitgenössischen Ägyptischen Tanz unterrichtet.
Ihr eigenes Studio eröffnete Claudia Heinle im Jahr 1996 in Kreuzlingen, gleich hinter dem Emmishofer Zoll. In einem alten Fabrikgebäude, das sie liebevoll renovierte, fand sie den Freiraum für ihre Kreativität. Der Tanztraum wurde gehegt und gepflegt und ist zu einem internationalen Tanz Raum erwachsen, einer weltweiten Plattform für Musik, Tanz und Kultur aus Ägypten. „Wir haben den Durchbruch auch international geschafft“, freut sich Karin Schemmann. Mit ihrer letzten Produktion für den Dreispitz in Kreuzlingen „Akhou“ ist die Compagnie im kommenden Jahr zum Internationalen Tanzfestival nach Oslo eingeladen. „Aus der kleinen Schule ist was Großes geworden“, freut sich auch Caroline Chevat, ebenfalls seit nunmehr 17 Jahren an Claudia Heinles Seite. Nicht nur auf die Tatsache, dass der Tanz Raum immer mehr auf internationaler Ebene mit Kursen und eigenen Tanz-Produktionen unterwegs ist, verweist Caroline Chevat, auch auf das eigene Label, das sich auf dem Weltmusikmarkt mit 14 CD-Produktionen einen Namen gemacht hat, sind die Tänzerinnen stolz und nicht zuletzt auch auf die „unglaublich treuen Schüler, die seit Anfang mit dabei sind“ – was wäre der Tanz Raum ohne sie? Als im Frühjahr 2011 feststand, dass das Haus mit dem Studio in der Freihofstraße – in dem Claudia Heinle und Caroline Chevat auch wohnten – verkauft werden sollte, war die Not groß.
Die Tänzerinnen verstanden, aus der Existenzkrise eine Tugend zu machen. Schon immer hatte Caroline Chevat davon geträumt, eines Tages das Haus ihrer Großmutter in Belley, einer kleinen Stadt, zwischen Genf und Lyon zu beziehen. Jetzt bestand die Möglichkeit dazu. Dort wollen sie ein neues Studio aufbauen. „Ein offenes Haus“, wünscht sich Caroline Chevat. „In Ägypten“, träumt sie weiter, „erzählt man sich von einem Haus des Lebens. Das ist ein Ort, wo du hingehst, um zu lernen. So etwas, mit Schwerpunkt Ägypten, das wollen wir.“ Auch in Frankreich, aber nicht nur dort, wird die Seele des Tanz Raum weiterleben.
Carola Dunjik
Oslo, Norway
November 2011
Oslo: Dette er to DVDer utgitt av tanz raum, og fordi på mange måter de er ganske like, anmelder jeg her begge to i ett. Hva får du ikke når du ser disse videoene? Du får ikke løsvipper, paddete BHer, todelte drakter, paljetter eller glamour. Du får heller ikke se magedans. Hva får du når de ser på disse videoene? Profesjonelle og lekre danseforestillinger, lekker DVD produksjon, svært dyktige dansere, nydelig arabisk musikk, både på tape og live, og vakker dans. Du får 3 dansere: Claudia Heinle, Caroline Chevat og Karin Schemann som sammen utgjør Compagnie Tanz Raum. Og trommeslageren Ibrahin el Minyawi. Ali el Minyawi medvirker i Abyad. Forestillingenene er blottet for ytre staffasje og hjelpemidler, her er det dansen som rår. Og selv om alt er enkelt presentert med mye jordfarger og svært enkel scenografi, holdes oppmerksomheten til tilskueren i en skrustikke, og jeg tenkte hele tiden “hva skjer videre”, og var hundre prosent engasjert i det jeg så. Det er sjelden jeg opplever. For å kunne se på disse videoene med et åpent sinn, måtte jeg først fjerne alle forventninger om å se arabisk dans, slik jeg definerer det. Danserinnene har utviklet sin egen stil. For meg framstår dansen mer som moderne dans enn som arabisk, i det størstedelen av forestillingene knapt byr på en hofte, en kamel, en sirkel eller en shimmy. Bevegelsesmønsteret er likevel estetisk og tiltalende, med flyt, tyngde og ro som hovedingredienser. Så snart jeg satte på meg moderne- eller samtidsdansebrillene kunne jeg gi meg helt hen og nyte opplevelsen av det jeg så, i stedet for å tenke at “nei, ikke søren om det der er arabisk dans”. Ahkou er hieroglyfen for “solens blendende lys”. Både denne forestillingen og Abyad, som betyr hvit på arabisk, handler om dype følelser, gjenfødelse og sjelens reise og utvikling. Personlig er jeg en nokså grunn type, som alltid har slitt med tekstanalyse og å forstå skjulte meninger i tekster og filmer. Jeg leser det jeg leser, og ser det jeg ser, og klarer sjelden å tolke noe av det. Dans opplever jeg på samme måte. Jeg skjønte ikke hva danserene prøvde å fortelle med koreografiene sine i disse forestillingene, men jeg ble likevel dypt berørt. Jeg følte i øyeblikk at det jeg så utspille seg på skjermen, snakket rett til sjelen min. Særlig Akho berørte meg sterkt. Jeg opplevde at det ikke var viktig for meg som tilskuer å forstå det danserene ønsket å uttrykke på et intellektuelt plan, kroppen min og sjelen forsto ting, uten å gå veien via hodet. Danserene er svært dyktige, og selv om de danser med svært forskjellig teknikk og estetikk fra det jeg gjør selv, er det ikke vanskelig å la seg imponere av deres kroppsbeherskelse, eleganse og styrke. Og ikke minst, deres evne til å gjøre ingenting, bare sitte i ro eller stå, og likevel klare å holde på min oppmerksomhet og interesse som tilskuer. Det er noe av det vanskeligste som finnes. Koreografiene varierer mellom solo innslag, duetter og trioer. En baladytrio fra Abyad har brent seg fast på netthinnen som et vakkert stykke dans. En scene fra Akhou hvor danserinnene tilber sin gud var også et vakkert og følelsesmessig høydepunkt for meg. Jeg kan absolutt anbefale disse videone!
Hilde Lund
Ludwigsburg, Germany
Januar 2011
Sind Fresken tanzbar? Der Auftritt der Kreuzlinger Tanzkompagnie Tanz Raum im Kunstzentrum Karlskaserne gibt die Antwort: Ja. Die 1997 von Claudia Heinle gegründete Compagnie beschäftigt sich ausschließlich mit Ägypten. Entsprechend fundiert ist ihr Stück Akhou, das speziell die altägyptische Kunst und Mystik zur Grundlage hat.
Die Figur, die still auf dem Boden im Hintergrund hockt, strahlt die Ruhe und die königliche Würde einer Sphinx aus. Sie schaut auf den Mann und die Frau, die auf ihre großen tamburinartigen Instrumente schlagen. Durch die Trommelfelle scheint Licht: Mond und Sonne stehen sich gegenüber. Dann erhebt sich die dunkel Gewandete, kämpft mit einer Tänzerin in Weiß. Geschmeidig drehen sie sich, perfekt in ihrer Synchronität. Auch hier wieder die nur abgebildete, nicht schauspielerisch ausgelebte Dualität, dieses Mal von Gut und Böse. Die Compagnie erzählt keine Legenden, sondern vermittelt Ruhe und Zentriertheit, wie sie Riten innewohnt. Und sie zeigt eine Ästhetik, die sie bei intensiven Studien über das alte Ägypten entdeckt hat.
In Reliefs und Wandmalereien haben sie das hohe Körperverständnis der alten Ägypter gesehen, wie Claudia Heinle sagt. „Die konnten auch Unsichtbares wie das Atmen in ihrer Kunst sichtbar machen“. In ihrer Choreographie und der Musik dazu findet das ebenso Widerhall wie die Verehrung der Sonne als Grundprinzip. Die Hieroglyphe akhou bezeichnet ihr glänzendes Licht. Die Compagnie hat die Bewegungsabläufe von Kampfkünsten, Ritualen und Tänzen studiert, wie sie in den erhaltenen Bildern dynamisch und ausführlich dargestellt wurden. Dann hat sie „die Fresken zum Leben erweckt“, so Claudia Heinle im Gespräch nach der von 100 Gästen besuchten, ausverkauften Aufführung. Die Compagnie hat also eigenen Bewegungen für die alten Bilder gefunden. Rat erteilte dabei der mit körperlichen und geistigen Praktiken vertraute Yogi B. Khane und die Ägyptologin G. Khane. Vieles was die Compagnie zeigte, ist laut Claudia Heinle noch nie zuvor getanzt worden. Auch die damalige Kleidung wurde gründlich studiert. Anni Mewes hat für Akhou Gewänder abgeleitet, die den Eigenwert und traditionellen Platz der Schönheit postulieren.
Mit ihrer Arbeit will die Compagnie Tanz Raum ein klischeefreies Bild der nahöstlichen Tanz und Musikkultur vermitteln und daran erinnern, dass Ägyptens Erbe „eine wesentliche Grundlage der europäischen Kultur bildet“. Dabei arbeitet sie eng mit ägyptischen Künstlern zusammen. Nach Ludwigsburg kam Ibrahim El Minyawi, einer der weltweit besten Tabla Spieler. Er hat Tänzerin Caroline Chevat als Tabla-Spielerin ausgebildet. Ein Teil der Komposition für Akhou stammt von Georges Kazazian, ein anderer Teil wurde direkt mit Musikern in Ägypten produziert.
Konstanz, Germany
Januar 2011
Drei weiße Säulen aus Licht vor einem schwarzen Hintergrund. Die Aufmerksamkeit ist komplett auf die drei Tänzerinnen gerichtet. „Ich glaube, jetzt müssen wir klatschen“, flüstert einer der Zuschauer immer noch im Bann des Schauspiels. Doch keiner will der erste sein, die dramatische Stille im Saal des Dreispitz in Kreuzlingen hält an. Kein Flüstern, kein Rascheln, kein Husten. Nur die Tänzerinnen sind zu hören, als sie sich barfuss von der Bühne schleichen. Die Zuschauer dagegen sind in atemlose Stille gehüllt. „Khaout“, das Ritual der Trance, hat die knapp 200 Anwesenden in eine Art Dämmerzustand versetzt. Nach einer gefühlten Ewigkeit wird die ehrfurchtsvolle Stille dann endlich durchbrochen, tosender Applaus.
Die Premiere von „Akhou getanzte Bilder aus dem alten Ägypten“ der Companie Tanz Raum ist gelungen. Jahrelang haben sich Caroline Chevat, Claudia Heinle und Karin Schemmann auf diesen Augenblick vorbereitet. Zweieinhalb Jahre Kulturgeschichte, Schweiß, Stress und Freude. Zusammen mit dem ägyptischen Musiker Ibrahim El Minyawi sind die drei Tänzerinnen bis ins alte Ägypten vorgedrungen, haben die 5000 Jahre alte Tanzkultur in sich aufgenommen und umgesetzt. Im Land der Pharaonen haben die Künstlerinnen Grabstätten und Tempelanlagen besucht, Malereien sowie Bilder studiert und sind fern ab des Tourismus’ traditionellen Stockkämpfen nachgegangen.
Die Arbeit und der zeitliche Aufwand haben sich gelohnt, Regisseurin Michaela Bauer: „Die Atmosphäre ist absolut gelungen.“ Die Künstlerinnen lassen sich zu Recht feiern. Für die eineinhalbstündige Aufführung haben sie keine Mühen gescheut und die musikalische Begleitung der Tänze zusammen mit professionellen Musikern in Ägypten aufgenommen. Dominiert wird diese lebendige Musik von den markanten Trommelrhythmen der Duf und Dahulla. Heute kaum noch gespielt, präsentieren Caroline Chevat und Inbrahim El Minyawi ihre Fähigkeiten an diesen Instrumenten sogar live. „Ibrahim ist der virtuoseste Spieler, den ich kenne“, kommentiert Chevat das Spiel des Ägypters.
Das sehen auch die Zuschauer so, nervös sitzen sie auf ihren Plätzen und können es doch nicht vermeiden, dass zumindest die Füße im Takt der Trommeln mitwippen. Für kurze Zeit liegt Ägypten mitten in Kreuzlingen und dieses aufwändige Projekt von der Companie Tanz Raum wird eine internationale Plattform für Tanz und Musik aus Ägypten. „Der ägyptische Tanz ist die Wurzel von allem, er drückt Erdigkeit, Vielfältigkeit und Stolz aus“, beschreibt Caroline Chevat die Eigenschaften dieser Kunstform. Dennoch sind zweieinhalb Jahre für eine Produktion eine lange Zeit, die auch an den Künstlerinnen gezerrt hat. Doch sie seien von Anfang an sehr motiviert gewesen, erzählen die drei, und haben sich gegenseitig immer wieder aufgebaut. Wenn die Luft dann doch einmal draußen war, ist Michaela Bauer eingesprungen. „Es ist ein Geschenk, mit diesen professionellen Künstlerinnen zusammenzuarbeiten, sie können alle Ideen auf der Bühne nahtlos umsetzen“, freut sie sich.
Kreuzlingen, Switzerland
January 2011
Durch einzigartige Projekte begeistert die Companie Tanz Raum seit Jahren ein internationales Publikum für die reiche Tanztradition Ägyptens. Bereits 2008 lockte sie 1200 Besucher mit dem Stück „Abyad“ in die Kreuzlinger Dreispitzhalle. Derzeit laufen die letzten Vorbereitungen für die neue Bühnenproduktion auf Hochtouren. In Akhousind die Kunst und Mystik des alten Ägypten Inspirationsquelle für Bewegung, Tanz, Choreographie, Musik und Komposition. „Unser neues Programm Akhou regt zum Nachdenken über unsere eigene kulturelle Herkunft an und erinnert daran, dass das Kulturerbe Ägyptens eine wesentliche Grundlage der europäischen Kultur bildet“, beschreibt die Gründerin der Cie Tanz Raum ihr künstlerisches Anliegen.
Für ihre Arbeit zur Vermittlung eines klischeefreien Bildes einer jahrhundertealten nahöstlichen Tanz- und Musikkultur und ihrer choreographischen Einbettung in eine eigene moderne Tanzsprache blickt Claudia Heinle auf eine langjährige Zusammenarbeit mit ägyptischen Künstlern und eine Vielzahl von Aufführungen auf Bühnen und Festivals in Europa und dem Nahen Osten zurück. In ihrer aktuellen Tanzproduktion hat sie mit Caroline Chevat, Leiterin der Musikproduktionen des Labels Tanz Raum, hochkarätige ägyptische Musiker wie den Weltklasse Trommler Ibrahim El Minyawi, einen der interessantesten zeitgenössischen Komponisten Georges Kazazian aus Kairo und junge talentierte koptische Musiker aus Mittelägypten eingebunden. Wie Inhalt und Tanzsprache stammen auch die Kompositionen für Akhou aus Ägypten. Ein Teil der Musik stammt aus der Feder von Georges Kazazian, ägyptisch-armenischer Komponist. Seine vielschichtigen Klangvariationen sind zutiefst aus der alten Geschichte des Landes inspiriert. Darüber hinaus wurden 2009 eigens für Akhou in Mittelägypten Tonaufnahmen mit jungen koptischen Musikern gemacht. Ibrahim El Minyawi und Caroline Chevat spielen live spielen live auf Rahmen- und Basstrommeln.
Altägyptische Kultur immer noch aktuell
Die Hieroglyphe akhou bezeichnet das glänzende Licht der Sonne. Um ihren Symbolgehalt zu verstehen, muss man tief in die Mystik der 4000 jährigen altägyptischen Geschichte eintauchen. Im alten Ägypten war der höchste Gott ein transzendentes Wesen, für welches die menschliche Vorstellungskraft nicht ausreichte. Sonne und Mond entstanden aus dem Einen: jenem, was das Licht gibt. Das Licht von Sonne und Mond war die Äußerung der alles belebenden Schöpferkraft, deren Wirken die Welt sichtbar und begehbar machte. Die Reise des Lichts begann mit dem Sonnenaufgang im Osten, nahm ihren Lauf über das Himmelszelt nach Westen, um dann in die Unterwelt abzutauchen, diese zu durchqueren um am nächsten Morgen wiedergeboren werden zu können. Der Kreislauf der Sonne bestimmte den Tages- und Jahreslauf, in ihr manifestiert sich schöpferische und zerstörerische Kraft, sie ist der Inbegriff irdischen und ewigen Lebens. Damit das Licht Leben und in weiterer Bedeutung Erkenntnis schaffen konnte, wurden Rituale abgehalten. Musik und Tanz sollte den göttlichen Geist dazu bewegen, sich im Tempel und im Menschen niederzulassen. Im Zyklus des Lichts lässt sich das Prinzip der Dualität erkennen, eines der Grundpfeiler der altägyptischen Mystik. Nur zwei Dinge gemeinsam ergaben ein Ganzes: Sonne und Mond, Licht und Dunkelheit, Leben und Tod, Einatmen und Ausatmen, das Männliche und das Weibliche. Aus der Erkenntnis dieser Polaritäten entstand der Gedanke an deren Vereinigung, die sich in der göttlichen Ewigkeit manifestierte. Es galt, die Kräfte der Trennung zu überschreiten, die innere Einheit zu verwirklichen. Dieses Bewusstsein erlaubte dem Suchenden den Weg der Einweihung zu beschreiten, der im Erdenleben beginnt, nach dem Tode in der Unterwelt fortgesetzt wird und zur Unendlichkeit führt.
Die Reise des Lichts
„Der Stoff für die Tanzperformance entspringt dieser geistigen und ästhetischen Welt. Akhou stellt die Reise des Lichts – und in tieferer Bedeutung die Reise der Seele tänzerisch und musikalisch dar, erläutern die Tänzerinnen Claudia Heinle, Caroline Chevat und Karin Schemmann. „ Die Bilder in Akhou sind in ihrer Schönheit und Harmonie von Langsamkeit und Achtsamkeit durchwirkt. Es ist als würden wir in eine andere Zeitzone eintreten, in der sich die Schnelllebigkeit unserer Zeit auflöst. Wir beschäftigen uns mit dem Wirken der schöpferischen Kräfte in ihrer Gegensätzlichkeit und die Überwindung dieser Kräfte, im Kampf, in der Trance, in der Andacht, im Tanz und in der Ekstase.“
Thurgau, Switzerland
October 2009
Dank «Abyad» und dem Kreuzlinger Tanz Raum erlebten World-Music-Liebhaber in Kreuzlingen letztes Jahr einen ägyptischen Frühling: Traditionelles Kulturerbe, instrumentale Variationen des Baladi mit virtuoser Perkussion. Aufgefallen sein dürfte Ibrahim el Minyawi Perkussions-Enthusiasten schon länger. Wie kein zweiter verkörpert der Tablah-Meister erdgebundene Rhythmen seiner ägyptischen Heimat, verbunden mit Sensibilität, über 40 Jahren Erfahrung und dem Willen, neuen Ausdruck und innovative Variationen im Spiel zu finden. Schon der erste bei Tanz Raum erschienene Tonträger Ibrahim El Minyawis mit Sohn Ali, «Daqat il Qalb», vereinte mitreissende Improvisationen traditioneller ägyptischer Rhythmen. Noch feiner und unabhängiger im Spiel mit Tempo und im Ausdruck präsentieren sich Vater und Sohn auf «Daquat II». Die Trommel, so unmittelbar und differenziert zu Klang gebracht, ist solistisch jedem Melodieinstrument ebenbürtig. (spy) (Daqat II – Ibrahim el Minyawi – CD release)
Germany
September 2009
Keine sinnentleerten Bewegungsschablonen und keine schemenhaft erkennbaren historischen Bedeutungswurzeln. Statt dessen sinnlich erfahrbare und geschichtlich “sinn”-volle, musikalisch bewegte Überlieferung. Kein durch die Globalisierung verwässerter Kulturaustausch, der durch das Diktat des Marktes auf erfolgreiche Kommerzialität getrimmt, die ägyptische Musiktradition dem europäischen Ohr schmackhaft machen will, sondern die Bewahrung des Wahren – und deshalb Schönen.
Das ist die Aufgabe, die sich Claudia Heinle und Caroline Chevat setzen.
“Der Auftritt des Tanz Raum Künstlerkollektives mit der Cie Al Fajr in der Bibliothek von Alexandria 2009 hat deutlich gezeigt, dass die Botschaft einer europäischen Tanz-Compagnie, die sich für die Traditionen einer Kulturregion interessiert, eine berührende Botschaft für die Menschen dort ist”, sagt Claudia Heinle, “das Erstaunen des Publikums darüber, dass Tänzerinnen aus Europa ein so tiefes Verständnis für die Musik und den Tanz der eigenen Heimat entwickeln können, war ihm deutlich anzusehen.” Warum? Weil der Tanz Raum keinen Kultur-Reimport unter europäischen Betrachtungsgewohnheiten und Weichspültendenzen leistet. Und das wiegt schwer!
1999 beginnt der Tanz Raum seine Aktivitäten in Ton und Bild zu dokumentieren. Zehn Jahre später umfasst sein Back-Katalog zehn CDs und zwei DVDs.
Kulturelle Dokumentation im Sinne ethnologischer Forschung und Erhalt der überlieferten Musik und Tänze, stehen von Anfang an ganz oben auf dem Labelprofil des Tanz Raums. Mit diesem Konzept und den einzigartigen Aufnahmen erarbeiten sich die gebürtige Französin Caroline Chevat und Claudia Heinle aus Deutschland einen hervorragenden Leumund in Szenekreisen. Der kommt nicht zuletzt von der Euphorie, der Begeisterung und der Energie, mit der sie sich ihrer Sache widmen. Regelmäßige Reisen nach Ägypten sind dabei Selbstverständlichkeit und Voraussetzung.
Auf einer ihrer Reisen lernt Claudia Heinle, kurioserweise im dänischen Kopenhagen, den ägyptischen Perkussionisten Ibrahim el Minyawi kennen, der ihre Wege, sowohl in Europa als auch in Ägypten, bis heute begleitet. "Ibrahim habe ich während meines Auslandstudiums das erste Mal auf der Bühne erlebt. Das war 1992.
Dort sah ich dann 'the real thing', und wenn man 'the real thing' sieht und hört, weiß man auch plötzlich ganz genau, was vorher nicht so ganz gestimmt hat", erinnert sich Claudia Heinle an das Schlüsselerlebnis ihrer Karriere. Durch Ibrahim El bekommen sie Kontakt zur Musikszene Äyptens, denn Ibrahim el Minyawi zählt in dem Land am Nil zu den gefragtesten Tablaspielern. Die Erfahrung (s)einer 50-jährigen Karriere und seine vielfältigen Kontakte ermöglichen Claudia Heinle und Caroline Chevat den Zugang zur ägyptischen Musikszene, die sich nicht nur im kulturellen Schmelztiegel Kairo, sondern auch in Luxor oder Minya trifft. In Letzterem hält keiner der großen Nildampfer mehr, seit Gerüchte die Runde machten, es sei ein Nest fundamentalistischer Terroristen. Heute setzen sich in dem wirtschaftlichen Zentrum Mittelägyptens, in dem der Tanz Raum "Caravan" (Vö 2010) aufnimmt, frei schaffende Theatergruppen für ihre eigene Theatertradition ein. Dazu gehört auch eine bis in die Pharaonenzeit zurückreichende Kampfkunst, der "Tahtib", mit dem sich auch der Tanz Raum beschäftigt.
Fremdheit durch Nähe überwinden! Mit dieser Philosophie leistet der Tanz Raum nicht nur (s)einen Beitrag für Integration und friedliches Miteinander. Interessierten Ohren stellt er zugleich einmalige Hörbeispiele der reichhaltigen Musiktradition Ägyptens zur Verfügung, nach denen sich Ethnologen noch die Finger lecken werden. Herzlichen Glückwunsch zum Zehnjährigen, Tanz Raum.
(tanz raum, Label Portrait auf Laut.de, dem größten Internetportal für Musik in Deutschland: http://www.laut.de/vorlaut/feature/22873/index.htm)
Germany
August 2009
Das moderne Ägypten steht gemeinhin nicht im Fokus kultureller Beobachtung durch den Westen! Warum eigentlich nicht? Gebiert doch das Land am Nil bereits 3000 vor Christus eine der ältesten Hochkulturen der Menschheit, deren Erbe bis heute Millionen von Menschen in seinen Bann zieht. In erster Linie denken wir jedoch an alte Pharaonengräber, Pyramiden und die Sphinx, wenn das Wort Ägypten fällt. Selten bis nie kommt uns das aktuelle, kulturelle Schaffen in den Sinn und auch die Musikszene der arabischen Republik stösst nicht auf das Interesse europäischer Ohren. Diesen Umstand zu ändern, hat sich der tanz raum vorgenommen. Das Label, das die Kunst des ägptischen Tablavirtuosen Ibrahim el Minyawi zur Verfgüng stellt, setzt sich seit vielen Jahren intensiv mit der Kultur Ägyptens und ihrem künstlerischem Ausdruck auseinander. “Ibrahim habe ich 1992 erstmals auf der Bühne erlebt. Dort sah ich ‘the real thing’, und wenn man ‘the real thing’ sieht und hört weiss man plötzlich ganz genau, was vorher nicht so ganz gestimmt hat”, erinnert sich Claudia Heinle, eine der beiden Labelleiterinnen, an das Schlüsselerlebnis. Sieben Jahre später erscheint die erste von heute zehn Tanz Raum-CDs el Minyawis, der auf eine lange und vielseitige künstlerische Karriere zurück blickt. Von Kindesbeinen an widmet der Perkussionist, der 1940 im oberäptischen El Minya zur Welt kommt, sein Leben der Musik. Aufgewachsen mit den traditionellen Rhythmen seiner Heimat, zählt er heute zu den weltweit anerkannten Virtuosen seines Hauptinstruments, der Tabla. Dabei verliert er seine kulturellen Wurzeln nie aus dem Blickfeld. (Künstlerportrait auf Laut.de, dem größten Internetportal für Musik in Deutschland. http://www.laut.de/wortlaut/artists/e/el_minyawi_ibrahim/index.htm)
Cairo, Egypt
February 2009
Les danseuses de la Cie Marie Al Fajr (Ainhoa Izagirre, Carina Westlin, Claudia Heinle) dans leur spectacle intitulé “Une odeur de brise” – Shemm En Nassim“, ne sont pas tombées dans le piège de l’imitation.
Elles ont su avec justesse «s’inspirer» du mouvement et de la cadence. Elles ont su s’approprier l’esprit et l’âme de cette danse traditionnelle et millénaire pour ensuite la convertir au rythme de la modernité sur une musique, selon Kazazian lui-même, « difficile et qui ne fait pas danser ».
Zürich, Switzerland
February 2009
Ägypten hat weit mehr zu bieten als Pyramiden und Mumien. Das hat Claudia Heinle mit ihrem Tanz in der Oberen Mühle bewiesen. Mit wiegenden Hüften und stampfenden Füssen wirbelt Claudia Heinle über den Boden. Kraftvoll und elegant drückt sie verschiedene Emotionen aus. Mal melancholisch und ruhig, mal aufbrausend wie ein Wirbelwind oder fröhlich leicht. Heinles Darbietung deckt sich kaum mit der gängigen Vorstellung vom orientalischem Tanz. Weder offenes Haar oder nackter Bauch, noch durchsichtiger Soff oder Klimpermünzen. All dies hat sie nicht gebraucht, um einen authentischen Zauber östlicher Kultur im Kulturzentrum zu hinterlassen.
Cairo, Egypt
September 2009
Now in its sixth year, the Forum´s aim of bringing independent theatre groups together from all over Europe and the Mediterranean is promoting multiculturalism in a city once, but no longer, renown, as a crossroads for creativity. … A joint initiative of I-Act and the Bibliotheca Alexandria, the forum has gone from strength to strength seeing a significant rise of participating countries in addition to making it an important date in Alexandria´s and Egypt´s cultural calendar. … The motivation of the forum´s foundation was largely political. The theatre director started building a program that focused on the idea of Alexandria as a meeting place to encourage exchange, informal education and creativity, he wanted to restore the soul of the city. In 2003 the creative forum attracted participants from 11 countries. Today there are representatives from 27 countries. Among those, Cie Al Fajr, a French company whose choreographer Marie Al Fajr lives based in Paris as well as Cairo, with it´s dancers, Ainhoa Izagirren (S), Carina Westling (GB), Claudia Heinle (D/CH) and the musicians Amir Ezzat (EGT) and Ibrahim El Minyawi (EGT/UK). (Edward Lewis)
Alexandria, Egypt
February 2009
Alexandrie. … Dans ce fossonnement d´ activités et de manifestation culturelles, artistique et pédagogiques apparait un phénomène qui, à notre avis, n´est pas le fruit du hazard. La Cie francaise Al Fajr danse sur une musique créée par le compositeur égypto-arménien Georges Kazazian. … Les danseur d´Al Fajr (Ainhoa Izagirre, Carina Westling, Claudia Heinle), dans leur spectacle intitule “une odeur de brise – Shemmen Nassim – ne sont pas tombées dans le piège de limitation. Elles ont su s´ approprier l´ésprit et l´âme de cette danse traditionelle et millénaire pour ensuite la convertir au rythme de la modernité sur une musique, selon Kazazian meme, difficile et qui ne fait pas danser. Extraordinaire et magnifique! ….
Düsseldorf, Germany
November 2008
Lange, durchgehende Gewänder, das eine Mal auch Hosen, eine anderes Mal eng geschnitten, dann wieder weit schwingende Röcke in mehreren Sofflagen, das Haar meist verhüllt mit Tüchern – wie zufällig übernehmen die Tänzerinnen Claudia Heinle, Karin Schemmann und Caroline Chevat den Rhythmus der Tabla. Die Körper schwingen und wippen auf und ab, nehmen Tempo auf und gleiten mit raumgreifenden Schritten über den Boden. Wie mit unsichtbaren Fäden verbunden, bewegen sich die Tanzenden harmonisch im selben Energiefeld. Akzente mit Hüften, Oberkörper, Schultern geben ihrem Tanz eine kraftvolle Ausstrahlung, während sparsame Bewegungen der halb erhobenen Arme ihnen Schwerelosigkeit verleihen. Es scheint als seien sie mit Himmel und Erde verbunden. Traditionelle ägyptische Musik und Lieder bilden die beinahe meditative Grundlage. Fließend, selbstbewusst entfalten die Frauen ihre Tanzbilder. Während des gesamten Tanzstückes entstehen neuerlich faszinierende Eindrücke, die aus Feierlichkeiten oder rituellen Zeremonien vertraut erscheinen. So stehen zu Beginn der Performance die Farbe Weiß, der Atem, und die spiralförmig kreisende Bewegung der Geburt als Anfang allen Entstehens im Mittelpunkt. Und nach und nach entwickeln sich erneut andere getanzte Lebenszyklen, umrahmt von live gespielten Trommelsoli.
Die beiden Musiker Ali und Ibrahim el Minyawi (Vater und Sohn) entlockten den Zuschauern hoch verdiente Beifallsstürme. Abyad ist eine sehenswerte Tanzperformance, die aus dem überlieferten Kulturschatz der „Mohamed Ali Street“ schöpft und gleichzeitig mit einer westlich geprägten choreographischen Ausdrucksform, mit zauberhaften Kostümfarben und modernem Lichtdesign etwas Neues schafft, das dennoch wie zufällig ein vertrautes Lebensgefühl erzeugt.
Düsseldorf, Germany
November 2008
Lange, durchgehende Gewänder, das eine Mal auch Hosen, eine anderes Mal eng geschnitten, dann wieder weit schwingende Röcke in mehreren Sofflagen, das Haar meist verhüllt mit Tüchern – wie zufällig übernehmen die Tänzerinnen Claudia Heinle, Karin Schemmann und Caroline Chevat den Rhythmus der Tabla. Die Körper schwingen und wippen auf und ab, nehmen Tempo auf und gleiten mit raumgreifenden Schritten über den Boden. Wie mit unsichtbaren Fäden verbunden, bewegen sich die Tanzenden harmonisch im selben Energiefeld. Akzente mit Hüften, Oberkörper, Schultern geben ihrem Tanz eine kraftvolle Ausstrahlung, während sparsame Bewegungen der halb erhobenen Arme ihnen Schwerelosigkeit verleihen. Es scheint als seien sie mit Himmel und Erde verbunden. Traditionelle ägyptische Musik und Lieder bilden die beinahe meditative Grundlage. Fließend, selbstbewusst entfalten die Frauen ihre Tanzbilder. Während des gesamten Tanzstückes entstehen neuerlich faszinierende Eindrücke, die aus Feierlichkeiten oder rituellen Zeremonien vertraut erscheinen. So stehen zu Beginn der Performance die Farbe Weiß, der Atem, und die spiralförmig kreisende Bewegung der Geburt als Anfang allen Entstehens im Mittelpunkt. Und nach und nach entwickeln sich erneut andere getanzte Lebenszyklen, umrahmt von live gespielten Trommelsoli.
Die beiden Musiker Ali und Ibrahim el Minyawi (Vater und Sohn) entlockten den Zuschauern hoch verdiente Beifallsstürme. Abyad ist eine sehenswerte Tanzperformance, die aus dem überlieferten Kulturschatz der „Mohamed Ali Street“ schöpft und gleichzeitig mit einer westlich geprägten choreographischen Ausdrucksform, mit zauberhaften Kostümfarben und modernem Lichtdesign etwas Neues schafft, das dennoch wie zufällig ein vertrautes Lebensgefühl erzeugt.
South Germany
February 2008
Die reiche Musik- und Tanztradition der Tanzproduktion Abyad unter künstlerischer Leitung von Claudia Heinle drückte vor allem Emotionen aus – Freude Trauer Befreiung und Lebensenergie. Die Ästhetik des Tanzes der ausdrucksstarken Tänzerinnen wurde durch die sorgfältige Auswahl der Musik, die für dieses Programm eigens in Cairo aufgenommen wurde und die Farbenpracht ihrer Kleidung unterstützt. Eine faszinierende Mischung aus Tradition und Moderne.
Lake Constance, Germany
February 2008
Die Vorankündigungen von Abyad hielten was sie versprachen Einfach nur toll, die Tänzerinnen Claudia Heinle, Caroline Chevat und Karin Schemmann und die Musiker Ali El Minyawi und Ibrahim El Minyawi.
Kreuzlingen, Switzerland
February 2008
Abyad begeisterte mit Tanz und Perkussion im Dreispitz. Viermal präsentierte die Compagnie tanz raum ihre Performance unter der künstlerischen Leitung von Claudia Heinle. Die Compagnie riss das Publikum im Dreispitz mit und entfaltete ein farbenfrohes und faszinierendes Märchen wir aus Tausend und einer Nacht. Für die Samstagabend-Vorstellung mussten 150 weitere Stühle aufgestellt werden, um dem Andrang gerecht zu werden
Konstanz, Germany
February 2008
Das Interesse am thematischen Kulturprogramm der Compagnie tanz raum unter Leitung der Choreographin Claudia Heinle, mit Performance, Workshop, Vortrag und Photoausstellung war groß. Die Premiere von Abyad wurde im ausverkauften Dreispitz mit viel Applaus bedacht … ein Kaleidoskop an Farben und Bewegungen das Musik und Tanz zu einer Einheit verschmelzen ließ. Die Perkussionisten, glänzten mit ihren Soli. Was die beiden darboten war weit mehr als Perkussion. Insbesondere Ibrahim el Minyawi beeindruckte durch seine unglaubliche Fingerfertigkeit. Ein charismatischer und begnadeter Musiker… Abyad begeisterte das Publikum, das ohne Zugabe nicht gehen wollte.
Düsseldorf, Germany
October 2008
Die CD Al Masdar des Musiklabels tanz raum präsentiert bekannte oberägyptische Musiker aus Luxor. Der Titel bedeutet „Quelle“, und die Musikstücke bringen ursprüngliches Liedgut eindrucksvoll zu Gehör. Erwähnenswert ist auch das 23 Seiten umfassende Booklet der CD Al Masdar mit Ausführungen über das Entstehen der Musikaufnahmen, die Feste, die Instrumente, das Musikerleben. Schöne schwarzweiß Photos der Musiker von Caroline Chevat in ihren traditionellen Galabeyas und Fotos zum kulturellen Leben komplettieren das Album.
Konstanz, Germany
Februar 2008
Die Musiker Ibrahim el Minyawi (Tabla, Dahulla), Mostafa Sax (Saxophon) und Farouk Mohamed Hassan(Akkordeon) widmeten diese CD der Baladi- Kunst in der ägyptischen Musik. Während ihrer 35 Jahre dauernden Freundschaft und Zusammenarbeit trafen sie sich zum ersten Mal wieder in Kairo nicht zur öffenlichen Aufführung, sondern ausschließlich für diese einmalige Studioaufnahme. Entstanden ist dabei das Album Saltana mit neun Einspielungen. Eine sehr schöne Version von Tamra Henna, sowie je eine Komposition von Farid el Atrach und Kazim el Seher geben das absolute Baladi Feeling wieder – sehr traditionell ohne Verstärker oder Synthesizer. Hervorragende Improvisationen des Akkordeons, die arabesken Passagen des Saxophons und die gefühlvollen Trommelsoli geben zu Recht Anlaß, diese Musik als „äyptisch populären Jazz“ zu bezeichnen. Ein Musterbeispiel echten Baladi Stils und ein Genuß für dessen Fans.
Zurich, Switzerland
August 2008
An den trainierten Beinen erkennt man in Claudia Heinle vom Tanz Raum die Tänzerin. Sie öffnet die Eingangstür des Tanzhauses Zürich an der Wasserwerkstrasse und zeigt die verschiedenen Säle. Zum fünften Mal führt Heinle mit Caroline Chevat, Marie al Fajr, Ibrahim El Minyawi und Ainhoa Izagirre die internationale Tanzwoche für ägyptischen Tanz und Musik durch. Bis Freitag füllt sich das Tanzhaus Zürich mit weiteren Lehrern, Musikern und 60 Schülern, aus Spanien, den Niederlanden, Schweden, Deutschland, Frankreich, Algerien, dem Libanon, Australien und der Schweiz. …. Dass sich der Tanz Raum sogar zum Musiklabel weiterentwickelt hat, entstand aus der Not heraus. „Da es für unsere Art zu tanzen nur sehr wenig brauchbare Musik auf dem Markt gibt, entschieden wir uns diese selber zu produzieren. Das ist die einzige Möglichkeit das Repertoire zu erhalten“ erklärt Heinle. Mit Ibrahim el Minyawi, der seit den 70er Jahren in London lebt, haben sie einen der besten Tabla Spieler aus Ägypten in ihrer Seite. Einmal im Jahr reisen sie zu dritt nach Ägypten. Dort ziehen sie von Dorf zu Dorf, bringen traditionelle Musiker zusammen und gehen in Kairo ins Tonstudio, wo sie die Klänge auf Band verewigen. Schon viele große Musiker, mit denen sie zusammengearbeitet hatten, sind inzwischen verstorben. Die Künstler nehmen ihre Genialität mit ins Grab, denn es gibt manchmal keine Nachfolger. Die Aufnahmen werden ohne Computer produziert. Auf diese Weise entstanden bereits zehn CDs – die ägyptische Version des Buena Vista Social Club sozusagen. Daß sich mit Heinle und Chevat zwei Europäerinnen um den Erhalt des ägyptischen Kulturguts kümmern irritiert in Ägypten niemanden. Auf Heinle´s aktuelle Bühnenproduktion „Abyad“ folgte sogar eine Einladung für ein Festival in Beirut.
Zurich, Switzerland
August 2008
Ibrahim el Minyawi ist ein Virtuose der es mit musikalischen Schwergewichten wie Zakir Hussain aufnehmen kann. Zwei Stühle, zwei Tablas – mehr benötigen Ibraim El Minyawi und sein Sohn Ali El Minyawi …in der vollbesetzten ehemaligen Paulskirche zeigte er in zwei etwa 40 Minuten langen Stücken die ganze Bandbreite filigranen ägyptischen Tablahspiels. Von den fordernden tiefen Bassschlägen bis zu den zärtlichen mit den Fingerspitzen geführten Verzierungen. Ein ägyptisches Feuerwerk der Meisterklasse.
Stadttheater Konstanz, Germany
January 2000
«Das Video ihrer Tanzperformance Aluaan habe ich gesehen. Ich bin sehr beeindruckt! Alles Gute für die Zukunft Claudia! »
Herzlich Reiner Mennicken, Intendant des Stadttheater Konstanz